Die Ruinen der Schwarzfels Feste, bevor sie Manfred in Brand steckte |
NON HO PIÙ FAME
Erlebnisbericht aus der Sicht Elvinos
Da waren sie nun, Elvino und das Spitzohr Oberon und schlenderten über den Marktplatz von Heideldorf, gut erkennbar als Ordnungspersonal, wie die vielen anderen Tagelöhner und Söldner die hier ein Auskommen suchten. Die Anstellung versprach ganz gutes Geld, sollte nicht allzu gefährlich sein, und scheinbar wurde sogar für Kost und Unterbringung gesorgt. Elvinos Muttersprache ist eigentlich ja das Tileanische, aber selbst er kannte die Redewendung, dass etwas zu schön ist, um wahr zu sein.
Auch war er noch ein wenig gerädert und erschöpft von diesem elenden Sumpfgebiet, dass einem bei längerer Verweildauer irgendwie auszehrte. Glücklicherweise hatten Sie dieses hinter sich gelassen, aber die Strapazen und die lange Anreise zum allseits bekannten Heideldorfer Wurstfest steckten noch Vielen in den Knochen.
„Dieser gierige Ventosa“, und noch andere tileanische Schimpfwörter gingen Elvino trotz seines jungen Alters durch den Kopf, als Heinz Schiller ihn wieder einmal zu Unrecht aufscheuchte, stets gefolgt von seinem Standardspruch, „das ziehen wir natürlich vom Lohn ab“. Dabei war er doch wirklich vollkommen unbeteiligt, irgendein ein besoffener Wurstfresser, hatte seine Trinkfestigkeit überschätzt und sich seines Humpens unfreiwilliger Weise im Fallen entledigt, sodass dieser natürlich in 1000 Stücke barst.
Wo war Oberon eigentlich? Wahrscheinlich wieder bei Kevin diesem sympathischen aber nicht sehr klugen Ogerjungen, jedenfalls konnte er solche Gespräche immer besser führen, Schiller war wahrlich jemand der einem die Zornesröte ins Gesicht treiben konnte. Aber wie sagt man? Man beißt nicht die Hand, die einen füttert.
Das Fest verlief recht ruhig weiter, und Elvino war gerade auf dem Zeltplatz vor dem Dorf unterwegs, als plötzlich ein Geschrei und der Lärm von einer heranrasenden Kutsche mit zwei imposanten Pferden zu vernehmen war. Kurz dachte er noch, wer denn so verrückt sei, dass er mit dieser Geschwindigkeit durch den Zeltplatz brauste, ehe offensichtlich wurde, dass es sich hierbei offenbar um ein führerloses Gespann handelte.
Jetzt galt es schnell zu handeln. Elvino begann, neben dem eine Schneise hinter sich herziehendem Corso, herzulaufen. Relativ behände, schwang er sich auf den Sitz des Kutschers, und nahm neben diesem Platz, die Zügel hingen nur noch lose von dessen leblos wirkenden Armen herunter, und auch sein Kopf war nach vorne gekippt, als wäre er einer dieser nichtsnutzigen Trunkenbolde vom Wurstfest. Allerdings wurde schnell offensichtlich, was der Grund für seinen prekären Zustand war. Zwei dunkle Bolzen fanden sich in seinem Torso steckend und die Kutscherskluft war schon von dunklem Blut durchtränkt, das aus den Wunden quoll..
Dafür jedoch war im Moment keine Zeit, ungestüm riss Elvino die Zügel an sich, und versuchte die beiden aufgeschreckten Pferde zum Stillstand zu bringen. Man vernahm ein dumpfes Aufprallgeräusch, später sollte sich herausstellen, dass das Geräusch von einer Wache herrührte, die nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte, und die Pferde galoppierten weiter. Das Geräusch klang wie ein Sack Getreide der von einem Kornspeicher geworfen wurde, inklusive dem Geräusch von reißendem Stoff, gefolgt von dem, nicht nur sprichwörtlich, markerschütterndem Brechen von Knochen.
Unbeirrt raste jedoch, das Gefährt voran, und erfolglos zerrte der junge Tileaner an den Zügeln. Scheinbar war das Lenken einer Kutsche doch etwas anderes als ein Pferd zu reiten, aber die beiden Tiere waren auch vollkommen außer sich.
Man mag es auf die außergewöhnlichen Umstände schieben, aber Elvino traf eine beinahe fatale Entscheidung. Unterbrochen nur durch ein Geräusch, als würde man ein volles Weinfass aus dem dritten Stock, auf ein Pflaster werfen, und umrahmt von Schmerzensschreien, und zerberstenden Holzteilen. Unglücklicherweise handelte es sich nicht um ein Holzfass, sondern um das zweite Opfer dieses erbarmungslos weiterpreschenden Geleitzuges. In der Zwischenzeit war Elvino vom Kutscherbock aufgestanden, und machte sich zum Absprung bereit. Versuchte dieser Verrückte tatsächlich auf ein galoppierendes Pferd zu springen? Es kam wie es kommen musste, er rutschte ab, hing noch kurz an der Deichsel fest, ehe er unter die Räder kam. Ein stechender Schmerz durchfuhr seinen Arm beim Aufprall, er versuchte vergeblich sich irgendwie abzurollen, und klatschte auf den Boden wie ein Stück Fleisch auf eine Metzgertheke.
Die Luft schien ihm aus den Lungen gezogen worden zu sein, und im nächsten Augenblick wurde ihm schwarz vor Augen, der Schmerz war so unerträglich geworden, dass er in Morrs Reich abgleiten zu schien.
Was dazwischen passierte, erfuhr der Schwerverletzte nur aus Erzählungen, aber scheinbar konnte das Gespann gestoppt werden. Die Pferde hielten endlich inne, vor in den Weg geworfenen Tischen und anderem Festmobiliar. Jedoch bot rundherum sich ein Bild der Zerstörung.
Das nächste an das sich der junge Tileaner erinnern konnte, war ein Gefühl, als ob man unabsichtlicherweise auf einen heißen Kessel greifen würde, und dieser ganz kurze Augenblick den man benötigt um zu realisieren, dass es sich nicht um wohltuende Wärme handelt, sondern man sich gerade die Haut verbrennt. Es war als würde ihm ein brennend heißer, gülden leuchtender Hammer erscheinen, umrahmt und untermalt nur von einem dumpfen, alles andere verblassen lassenden Schmerz in seinem rechten Arm. Ihm war als würde dieser erneut brechen und entzwei gerissen werden und sogleich wieder zusammenwachsen auf einmal, während ein junger Sigmarpriester über ihm gekniet stand, gemeinsam mit dem Spitzohr Oberon, welche beide scheinbar um Elvinos Leben bemüht waren.
Übermannt von all den Eindrücken, dem Schmerz und doch irgendwie eine wärmende Zuversicht verspürend, mit dem Bilde des güldenen Hammers vor dem inneren Auge, entglitt Elvino wieder, und wurde weiter versorgt.
Sogleich begannen die Aufräumarbeiten im ganzen Dorfe, und man konnte das Gefühl bekommen, dass dieser Schiller mehr um den Anschein der Normalität besorgt war, als um die unzähligen Verletzten und gar Toten. Die verendeten Pferde wurden entfernt, Möbel wieder aufgestellt, Verletzte davongekarrt sowie Blut und anderes Ungemach eilig bereinigt.
Elvino kam wieder zu Sinnen, der Himmel über ihm, und es dauerte einige Momente ehe er begriff, dass er gerade in einer Schubkarre transportiert wurde, und scheinbar war sein Arm auch notdürftig versorgt worden, sodass kein weiterer lebensbedrohlicher Blutverlust drohte. Immer wieder glitt er vom bewussten in den bewusstlosen Zustand zurück, und schrak wieder hoch. Jedoch wurde er scheinbar auch auf Oberons Zutun hin, auf ein Zimmer gebracht im „Tanzenden Drachen“. Das größte und bekannteste Wirtshaus am zentralen Dorfplatz.
Viele Stunden erschöpften Schlafes später, wurde er wachgerüttelt, von einem Klopfen, welches dicht gefolgt war von der allseits bekannten Stimme Schillers, welche Sie an die bevorstehende Arbeit erinnerte. Er mahnt quasi fast schon, dass der immer noch schwer gezeichnete Elvino noch nicht seinem Tagwerk nachging, und so brach dieser erschöpft und, nicht sonderlich erpicht auf den bevorstehenden Tag, auf um bei einem ausgedehnten Rundgang möglichst viel Abstand zum Veranstalter Heinz Schiller und dessen Anhängsel zu halten.
Doch wie es der Zufall so will, liefen sich die beiden erneut über den Weg, dieser Schiller schien immer nur dann nicht aufzutauchen, wenn man gerade tatsächlich etwas von ihm benötigte. Jedenfalls trug es sich zu, dass zwei verfeindete tileanische Händlerfamilien auf dem Wurstfest zu Gast waren, und zu allem Überdruss saßen Sie auch noch nicht weit voneinander entfernt.
Ihrem Dialekt nach zu urteilen, stammten Sie aus einer anderen Ecke Tileas. Die beiden Familienoberhäupter Mario und Luigi standen sich in puncto Unflätigkeiten und derbsten Schimpfworttiraden in tiefstem Tileanisch in Nichts nach. Auch deren zahlreiches Gefolge, schien sich an der offensichtlich aufgeheizten Stimmung zu vergnügen, und es wurden immer wieder Schimpfworte, Gesten und beinahe schon der ein oder andere Rempler ausgetauscht, bevor Elvino beruhigend einschreiten konnte, und die beiden verfeindeten, Wolfsrudel möchte man fast sagen, sich trennten.
Apropos Wolf, was wurde eigentlich aus diesem Struppi, oder Lumpi, dessen Besitzer gestern verzweifelt nach dem Köter gesucht hatte. Es dauerte nicht lange, da erspähte Elvino das Herrchen, und ergriff die Gelegenheit beim Schopf um einen ausgedehnten Suchrundgang nach dem Tier durchzuführen. Gemeinsam mit Oberon durchsuchten Sie das Zeltlager, wo Sie auch das Ogerkind Kevin wieder trafen, und machten sich möglichst weit entfernt von Schiller und tatsächlicher Arbeit auf die Suche nach dem verlorenen Hündchen.
Ein Schelm hätte es vielleicht auch Erholungsspaziergang genannt, allerdings entging Elvinos geschultem Ohr nicht, das Jaulen und Quietschen eines jungen Hundes, als Sie durch ein kleineres Waldstück trotteten. Was sich, dann für ein Schauspiel darbot, war selbst für Personen, die nicht gerade dem Halbstarkenalter entwachsen waren, verstörend. Glücklicherweise verdeckten die Baumkronen, und das Gestrüpp die explizitesten Details des Vorgangs, aber die Größenverhältnisse verhielten sich wie ein Halbling zu Kevin, von Hundi zu Wolf.
Aufgeschreckt durch unsere Anwesenheit versuchten die beiden Reißaus zu nehmen, allerdings konnten wir das Hündchen relativ schnell einfangen, und der Wolf der uns daraufhin attackierte wurde mit Hilfe eines ogerunterstützten Sprunges auch zur Strecke gebracht.
Daraufhin machten sich die drei ungleichen Gefährten auf den Weg zurück in das Zeltlager beziehungsweise das Dorf um den Struppi zurück zu seinem Besitzer zu bringen.
Nachdem weder Oger, wenn auch noch adoleszente, und auch Wolfskadaver innerhalb der Palisaden gern gesehen waren, entschloss sich Elvino das Hündchen auf den Dorfplatz zu bringen, während Oberon und Kevin sich um den Vertrieb des Wolfskadavers kümmerten, aus so einem Fell könnte man bestimmt ein schönes Mäntelchen zimmern, mit dem richtigen Feingefühl.
Jedenfalls, war der suchende Hundehalter schnell gefunden, und wiedervereint mit seinem sehr triebgesteuerten kleinen Tierchen. Schiller war gerade dabei, wieder irgendeine Sache zu finden, die er jemandem vom Lohn abziehen konnte, als sich drohendes Ungemach, in Form von lautstarken tileanischen Schimpfwörtern, bemerkbar machte. Mario und Luigi samt Ihren ungleich großen Anhängseln an Leibwächtern und Familie standen sich erneut gegenüber, und jede tileanische Mamma hätte Ihrem Sprössling eines mit dem Kochlöffel verpasst, wenn Sie die unzüchtige Sprache vernommen hätte, die hier ungeniert gebraucht wurde.
Immer noch schwer angeschlagen, und gar nicht in der Lage sich sinnvoll zwischen die Fronten zu stellen, versuchte Elvino kurzzeitig das Ganze mit Worten zu beruhigen. Aber er wurde gemeinsam mit Heinz Schiller, und einem gewissen Manfred, der von sich behauptete Hexenjäger zu sein, allerdings mehr wie ein Säufer erschien, Zeuge eines Spektakels, dass man in südlicheren Gefilden als Vendetta bezeichnen konnte.
Eine alte Familienfehde wurde mitten auf dem Marktplatz blutig ausgetragen, und unfähig einzugreifen, mussten Sie mitansehen wie Mario und seine Leibwächter nach und nach ein Massaker an Luigi und seinem Gefolge anrichteten. Dies war auch aufgrund der ungleichen Anzahl der Kontrahenten beinahe schon zu erwarten. Nichtdestotrotz war ein derartig offener und spontaner Ausbruch von Mord und Gewalt, selbst für einen kampferprobten Magen nicht leicht wegzustecken.
So schnell, das Ganze begonnen hatte, so jäh waren die Protagonisten auch wieder verschwunden, und wie schon zuvor bei dem Zwischenfall mit der Kutsche, begann jeder wie Bienen in einem beschädigten Stock, sofort mit den Aufräumarbeiten. Vergil kümmerte sich um die Bestattung der Opfer, und Heinze’s Männchen reinigten den Platz, und entfernten die Verletzten aus dem Ortskern. Bereits wenige Minuten später, konnte man nicht einmal mehr erahnen, was sich hier kurz zuvor zugetragen hatte.
Heinz Schiller hingegen, schien ob der anhaltenden Gewaltanschläge ein wenig erschüttert zu sein, und ließ sich schließlich dazu überreden, einen Trupp auszusenden, um nach den in der Umgebung marodierenden Banditenbanden Ausschau zu halten. Galt es doch tunlichst weitere Zwischenfälle zu vermeiden, gerade jetzt in der heißesten Phase des Wurstfestes. So würde sich auch der Kutschenvorfall aufklären.
So boten Sie Elvino eine ganz ansehnliche Belohnung für das Aufspüren der Banditen, und sofern dabei einer davon zu Schaden kam, wäre möglicherweise sogar eine kleine Zusatzzahlung fällig. Auch wurde der örtliche Bader nochmal aufgesucht, um die Wunde nochmal zu begutachten. Eine temporäre Wolfskadaver- und Ogererlaubnis wurde von Schiller eingeholt, und kurz darauf wurde die notwendige Ausrüstung, von der mittlerweile auf vier tapfere Streiter angewachsenen Truppe, bei einem Händler namens Wilf eingekauft. Schiller Heinz, hatte Ihnen eine weitere Wache namens Bernd beiseite gestellt, damit das Unternehmen nicht schon vorweg zum Scheitern verurteilt war.
Am Marktplatz glasierten sich die wagemutigen Banditenjäger noch mit Asche und Würstchenfett im Gesicht, um ihre Gesichter und den Überwurf schwarz zu tarnen und so zogen Sie spätabends hinaus, mit der Karte welche Ihnen der Händler zuvor verkauft hatte. Ein mulmiges Gefühl durchzog Elvino, er war noch sichtlich angeschlagen, von seiner Bestform weit entfernt, und bei sich hatte er ein Spitzohr, einen kindlichen Oger, und einen Kerl den er gerade mal zwei Tage kannte, und der schwer einzuschätzen war.
Aber jetzt war es auch schon zu spät um lange nachzugrübeln, und so zogen Sie im Licht beider Monde in Richtung der Ruine Schwarzenfels, welche scheinbar ein Unterschlupf dieser Banditenbande war. Eine gespenstische Finsternis hüllte den an einem Seil hintereinander gehenden Trupp ein, und ohne die vorzüglichen Sehfähigkeiten des Spitzohrs der sie anführte, wäre kein Vorankommen möglich gewesen. Plötzlich durchbrach eine leise flüsternde Stimme die Stille, und es klang beinahe so als würde jemand, eine Schimpftirade gegen Heinz Schiller flüstern. Hier draußen? Jeder von uns dachte natürlich wir hätten das Banditenlager aufgespürt, und der Elf bat um meine Armbrust, die ich ihm sogleich reichte, zielte und traf erstaunlicherweise die Gestalt in der Dunkelheit. Ein plötzlicher Schrei, und der Elf erkannte, dass wir es keinesfalls mit einem gewöhnlichen Menschen zu tun hatten. Es war offenbar, irgendeine Art nackte Kreatur. Möglicherweise eine Art Tiermensch, aber dafür war jene zu wenig behaart. Jedenfalls versuchte die Gestalt erst zu flüchten, und schrie in seinem Wahn immer wieder etwas von Schillers Schergen und ähnliches Wirrwarr, aber wir drängten es immer weiter in die Enge, ich konnte es sogar trotz meiner Verletzung einmal treffen, ehe der Elf, wohl mit einem Glückstreffer, die ungerüstete Kreatur traf und von seinem Bein befreite. Ein garstiges Spektakel bot sich, als das Spitzohr dann zu allem Überfluss auch noch versuchte, dem sterbenden und offenbar zwergischen Wesen zu helfen. So ganz wird man jedenfalls nicht schlau aus diesem Oberon. Jedenfalls konnte der Oger die Zweihandaxt des Widersachers sicher gut gebrauchen, keiner von uns hätte diese Waffe überhaupt ordentlich einsetzen können. Nachdem der Elf beruhigt war, und die Kreatur verscharrt, machten wir uns weiter auf den Weg. Das Blut rauschte in meinen Ohren, und tatsächlich waren wir alle recht angespannt ob der noch bevorstehenden Gefahren.
Nach einiger Zeit lichtete sich der Wald ein wenig, und wir erkannten auf einer Erhöhung eine ganz schwache schwarze Silhouette, die scheinbar alles Licht in Ihrer Umgebung verschluckte. Wir näherten uns der Burgruine an, und lauschten gebannt, ob sich etwas Verdächtiges aus dem Inneren vernehmen ließ. Erst umkreisten wir die Ruine außerhalb und suchten, nach etwaigen Ein- und Ausgängen beziehungsweise Fluchtwegen, aber da die meisten Zugänge entweder zu klein, oder schon in schlechtem Zustand waren, entschlossen wir uns über eine eingestürzte Außenmauer in das Innere des ehemaligen Burghofes zu gelangen. Dort angekommen inspizierten wir, angeführt vom Elfen, jede verdächtige Türe und Öffnung, aber es schien beinahe so, als wäre die Ruine vollkommen verlassen.
Die meisten der untersuchten Räumlichkeiten waren vom Einsturz bedroht, und es war ihnen ein modriger Geruch von getrocknetem Vogelkot und morschem und fauligem Holz anheim. Im Schutze der Dunkelheit und nachdem wir die anderen Gebäude größtenteils überprüft hatten, näherten wir uns dem größten Bauwerk, das unverkennbar einmal das Haupthaus mit den repräsentativen Räumlichkeiten gewesen sein musste. Auch waren es im Gegensatz zu den, bis auf die Grundfesten zusammengestürzten Türmen, noch erstaunlich gut erhalten. Erneut betraten wir einige Räume, und ein beklemmendes Gefühl beschlich Elvino, beinahe so als würde Ihnen jemand über die Schulter blicken, aber vermutlich bildete er sich das nur ein. In der Finsternis spielt einem die Vorstellung bekanntermaßen manchmal gerne einen Streich.
Doch plötzlich erkannte man in einem ruhigeren Eck, des größten Saales eine verlassene Feuerstelle, der Boden schien zu sauber für eine ungenutzte Ruine, und es war hier wohl vor kürzerer Zeit eine kleinere Gruppe versammelt. So ganz leer durfte die Ruine, dann also doch nicht sein, und so beschlossen wir weiter vorzudringen, möglicherweise konnten Sie die Banditen so im Schlafe überraschen. Einige Räume, sahen wie Schlafstätten aus, und diese waren sicherlich nicht von den ursprünglichen Burgbewohnern so hinterlassen worden. Nach weiterem Vordringen in das Innere des großen Gebäudes kamen wir in einem Raum, der aussah als wäre es eine Art Garderobe, an den Wänden fanden sich Haken und Bretter angenagelt, und für einen kurzen Moment sprang Elvinos Herz, ehe er erkannt, dass es sich nur um leblose Roben handelte, die dort hangen, und nicht um irgendwelche Gestalten.
“Roben? Ungewöhnlich für Banditen…”, dachte sich Elvino und fragte ob es möglicherweise Mönche oder Ähnliches gewesen seien, die diese hinterlassen haben. Gerade als Elvino, eine der Roben genauer inspizieren wollte, vernahm man ein kurzes Geräusch, als hätte jemand eine Klappe geöffnet, gefolgt von einem allzu bekannten “Klack”. Noch bevor die Gruppe realisiert hat, was hier gerade geschieht, schlug ein Bolzen zwischen Oberon und Elvino in der Mauer ein, nachdem er mit einem bedrohlichem Zischen nur knapp an den beiden vorbeigezogen war.
“Ein Hinterhalt? Aber wie konnte sich jemand unbemerkt, so schnell anschleichen?”, schoss es dem jungen Tileaner durch den Kopf, ehe er begriff, dass jemand durch eine kleine Öffnung oder Ähnliches gefeuert haben musste. In Deckung gegangen inspizierte er den Bolzen, möglicherweise verriet dieser etwas über die Herkunft des Angreifers. Tatsächlich fand sich eine kleine Nachricht auf den Bolzen gewickelt, in Tinte stand geschrieben:
“Schiller ist nicht derjenige, der er vorgibt zu sein” und “Haltet euch vom Keller fern”. Darunter gekrakelt war eine kleine Zeichnung, offensichtlich ein Grundriss, darauf eingezeichnet drei Totenköpfe bei verschiedenen Durchgängen. Versuchte jemand Sie einzuschüchtern? Sie zu warnen? Warum sollten Sie sich vom Keller fernhalten, wer verschießt Warnungen in absoluter Dunkelheit mit einem Bolzen und was hatte diese Karte zu bedeuten. Erst auf den zweiten Blick stellten Oberon und Elvino fest, dass es sich wohl um das Gebäude handeln musste, in welchem sie sich gerade befanden. Da es nicht vollkommen klar war wie es um Bernds Loyalität stand, entschieden Sie sich den Inhalt der Nachricht ihm gegenüber zu verschweigen.
Noch wachsamer als zuvor, und mit gezogenen Waffen schritten die ungleichen Streiter tiefer hinein in das Gebäude, und erreichten schließlich einen Abgang, offensichtlich hinab in den noch dunkleren Keller. Selbst der Elf konnte hier nichts mehr erkennen, und so tränkten Sie ein paar herumliegende Tischbeine oder Ähnliches in Lampenöl und das Wurstfett in welchem Ihre Überwürfe getunkt waren, und konnten so provisorische Fackeln herstellen, um die Finsternis zu erhellen.
Schnell wurde Ihnen klar, dass es sich bei den Räumlichkeiten die Sie jetzt betraten, offensichtlich um genau diejenigen handelte, die auf der Karte eingezeichnet waren. Hoffentlich hatten die Totenköpfe lediglich eine abschreckende Wirkung, möglicherweise hatte die Banditenbande hier aber auch Fallen gelegt. Vorsichtig überprüfte Oberon gerade ein paar Holzbretter an den Wänden, wohl auch ob der drohenden Gefahr, als Elvino voranstapfte nur wenige Schritt. Er ging wohl in der Finsternis davon aus, den korrekten Weg gewählt zu haben, als er an eine Tür kam und diese vorsichtig versuchte zu öffnen.
Es war als wäre man in einem Schaukelstuhl zu weit nach hinten gewippt und man stürzt unweigerlich in die Tiefe, das Herz rutschte ihm in die Hose, als er noch jäh versuchte sich an den Türgriff zu klammern, was ihm gerade noch so gelang. Einen Schrei ausstoßend ließ Elvino die Fackel fallen, und dort wo zuvor noch fester Boden gewesen war, reckten sich ihm nun mehrere gespitzte Holzpflöcke entgegen, offensichtlich eine Fallgrube der Banditen.
Plötzlich konnte man ein Schmatzen und Grollen vernehmen, ganz unnatürliche verzehrte Laute, als würde man sprechen während man die Luft einatmet und nicht während man sie ausstößt. Vollkommen unähnlich zu allem was Elvino zuvor gehört hatte, aber erst einmal musste er wieder aus seiner misslichen Lage heraus, und so rief er dem Oger zu, dass er seinen Speer in die Tür über ihm rammen sollte. Gesagt, getan und Elvino konnte sich so mit seiner lädierten rechten Hand und der gesunden Hand in die Höhe ziehen. Der Schmerz schien ob der drohenden Gefahr wie ausgeblendet zu sein, und plötzlich bauten sich vor Bernd, dem Oger und Oberon zwei grässliche Kreaturen auf, Fratzen die verstümmelt wirkten und vollkommen entartet waren, geziert von angsteinflößenden Augen und kleinen Schrumpfköpfen, die Haut nicht glatt sondern, aufgedunsen und wie von einer Rosine oder einem Stück Fleisch, das zu lange in der Sonne lag. Elvino hatte zwar schon das eine oder andere Scharmützel hinter sich, aber es war eindeutig in welch misslicher Lage sie sich befanden, hinter Ihnen eine Fallgrube mit einer unpassierbaren Tür dahinter, und der einzige Ausweg war von drei Abominationen verstellt, eine davon etwas kleiner und in einer Pfütze aus seinen eigenen Körperflüssigkeiten stehend und immer wieder diese Geräusche die einem in Mark und Bein fuhren.
Eine der Kreaturen hob einen Arm, sofern man dies so bezeichnen konnte, und schlug hinab auf Bernd, während Elvino sich wieder seinen Gefährten annäherte. Bernd kämpfte tapfer an der Seite der anderen, aber in einem unachtsamen Moment konnte eine der mit der Dunkelheit wohl auch vertrauten Kreaturen ihn tödlich treffen, darüber bestand gar kein Zweifel, ein Geräusch, das man wohl nie mehr vergisst, als ihm die Luft aus den Lungen wich, und er sofort leblos zusammenklappte, nur um danach von einer dieser Bestien zermalmt zu werden.
Allerdings blieb keine Zeit um lange zu trauern, als ein Schuss brach, und er das vertraute Klackgeräusch einer Armbrust vernahm, hier musste noch jemand sein. Vielleicht derjenige der sie gewarnt hatte? Ein Helfer in der Not? Ihre Situation war ausweglos, kämpfen oder hier an diesem vermaledeiten Ort verrecken. Bei Myrmidia, das konnte es doch noch nicht gewesen sein, und mit dem Mut der Verzweiflung hiebten der Elf und Elvino immer wieder nach den undefinierbaren Wesen, während der Oger den Gutteil der Angriffe einstecken musste und selbst auch den einen oder anderen guten Treffer landete.
Gerade schien sich das Kampfesglück zu ihren Gunsten zu wenden, sie konnten einen der schaurigen Widersacher niederstrecken, als plötzlich von dem in seiner Pfütze stehenden Getier eine Art Flüssigkeit auf Kevin versprüht wurde, welche diesen scheinbar beeinträchtigen sollte. Jedenfalls hatte sich der Armbrustschütze entfernt, und es schien so als könnten sie trotz des Verlusts von Bernd den Kampf gewinnen. Als sich plötzlich, einen Augenblick bevor der Sieg errungen werden konnte, eine Mauer neben ihnen öffnete und eine bedrohlich wirkende Gestalt in einer Robe, welche sie schon zuvor gesehen hatten, erschien. Flankiert war diese zu allem Überdruß auch noch, von zwei weiteren dieser grässlichen Kreaturen, wenn auch in anderen Farben und Formen, und mit andere Arten von Gliedmaßen und anders geformten Körpern. Der Oger stürmte sogleich voran, um den Kampf zu entscheiden, als er plötzlich in Flammen gehüllt wurde. Etwas Derartiges hatte der Söldner aus Tilea noch nicht gesehen, es war gespenstisch, und plötzlich tauchte auch noch der Armbrustschütze von zuvor wieder auf und versuchte sich ins Kampfgeschehen einzubringen, allerdings nicht um Oberon, Kevin und Elvino zur Hilfe zu kommen.
Mit einem beherzten Angriff konnte die Robengestalt davon abgehalten werden, noch weiteren Schaden am brüllenden Ogerjungen zu verursachen, und die Flammen erloschen so schnell wie jene aufgetaucht waren. Offenbar war dies der Anführer, denn zuvor hatte schon eine der Kreaturen in zwei Zungen gleichzeitig sprechend nach diesem gerufen, oder so schien es zumindest. Die Anstrengungen der Gruppe galten dieser Gestalt, offenbar ein Magier, auch wenn wohl keiner der drei jemals zuvor so etwas gesehen hatte. Wie durch ein Wunder überstand der Oger allerdings den hinterhältigen Angriff und entzweite mit seiner Axt eines der flankierenden Wesen. Während das Spitzohr den Robenträger niederstrecken vermochte. Geschickt wich Elvino einer der langen spinnenartigen Klauen des zweiten Angreifers aus, ehe er sich dem am menschlich wirkendsten Gegner zu wandte. Mit einem geschickten Tritt konnte er diesen zu Boden befördern, und diese Gelegenheit nutzten der erstaunlich kampfgeschickte Elf und der Söldner aus um auch diesen in Morrs Reich zu befördern.
Beinahe unglaubwürdig erschien es, dass diese Wesen erst Bernd beinahe sofort niederstrecken konnten, und seitdem keinen entscheidenden Treffer mehr landen konnten. Es war als würden die Götter wohlwollend auf die tapferen Recken hinabsehen, oder dieser Bernd war weniger kampferfahren als er vorgab gewesen zu sein.
Es ist immer eine Stille die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt wenn ein Kampf zu Ende geht, nachdem der Oger auch den letzten Widersacher beseitigen konnte. Keine Schmerzensschreie von Bernd, kein Geröchel, nur das schwere Atmen der verbliebenen Kontrahenten, als plötzlich eine quietschende Stimme von der Leiche des Armbrustschützen her ertönte. “Helft mir, helft mir”
“Das konnte nicht sein? Er hatte ihn mit Sicherheit erledigt”, dachte sich Elvino. War dies auch etwas von dieser gefährlichen Magie? Man konnte klar die gesprochenen Worte des Wesens vernehmen, aber mausetot lag dieser Mensch vor ihm. Nur um sicher zu gehen, schlug der junge Tileaner nochmal auf den Hals und trennte diesen vom Kopf ab, mit Blut besudelt, um diese Stimme endlich zum Schweigen zu bringen.
Doch dem war nicht so, erst nach einiger Zeit stellte sich heraus, dass die Stimme nicht vom Kopfe erzeugt wurde sondern scheinbar aus dem Torso herrührte. Deswegen öffneten sie das Hemd, und eine grässliche Fratze blickte Ihnen entgegen ähnlich, wie jene gegen die sie zuvor gesiegt hatten, aber doch anders, schelmisch grinsend, mit einer quietschenden Stimme streckte sich ein Schrumpfkopf Ihnen entgegen, der scheinbar immer noch verbunden war mit dem leblosen Körper des Menschen. Es war als hätte sich, dieses Etwas festgesaugt wie eine Zecke, oder ein Blutegel, und den Schützen als Wirt benutzt, und jetzt hing es hilflos fest. “Schneidet mich los, schneidet mich los, ich kann euch helfen!”, ertönte es abermals und es feilschte und bot Informationen an, aber hier handelte es sich ganz eindeutig um etwas Widernatürliches und so beschlossen die verbliebenen Mitglieder des Trupps, Bernd in etwas Entfernung zur Burg zu bestatten und sprachen ein kurzes Gebet. Diese Missgeburten deren Kadaver die Burgruine besudelten, wurden nicht mehr weiter berührt, wohl auch aus Angst selbst ein Raub dieses Verfalls werden zu können.
Lediglilch die Leiche des Armbrustschützen, samt seines noch quietschlebendigen Anhängsels wurde verscharrt. Man musste hier auf jeden Fall den Hexenjäger Manfred konsultieren, und was hatte es eigentlich mit dieser Nachricht über Schiller auf sich. Man war sich nicht mehr recht sicher wem man noch vertrauen konnte.
Kurz durchsuchten die erschöpften Streiter noch diesen vermaledeiten Ort nach weiteren Spuren oder Hinweisen, welche Sie gefahrlos mitbringen konnten, auch um Ihre versprochene Belohnung zu erhalten. Immerhin hatten Sie weitaus mehr zur Strecke gebracht als ein paar einfache Banditen. Dieses Wurstfest und seine Auftraggeber hingen Elvino jedenfalls schon zum Halse heraus.
Fortsetzung folgt...
Die blasphemischen Kritzeleien und Notizen des Chaosanbeters Pedro |
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