Donnerstag, 22. Dezember 2022

Oldenhaller Vertrag - Corsa veloce - Fuga dai topi

Oldenhaller Oldenhaller
Der Botschafter Oldenhaller

"... Daher muss ich euch bitten, absolute Verschwiegenheit über alles zu garantieren, was wir hier bereden werden." - Botschafter Oldenhaller

Kleine Dampfwölkchen welche der schnell gehende Atem von Konrad hervorrief, vergingen in der Schwärze der Zuflucht, so nannte man den abgetrennten Bereich des Handelsviertels in dem sich die weniger gesetzestreuen Bürger gerne tummelten. Elvino war noch bei den Valantinas zurückgeblieben, der Schmerz über den Verlust ihres Anführers Emilio gepaart mit dem Exodus welchen das Volk gerade durchmachte hatten ihn zum Verweilen bewogen. Vielleicht war es auch die hübsche trauernde Tochter gewesen?

Außerdem war die Aufgabe einer ungesehenen Verfolgung doch wie gemacht für einen Einzeltäter wie Konny, so sein derzeitiger Alias, ein cholerischer Tileaner würde da nur stören. Nicki oder Niklos müsste gleich aufschließen, er verharrte kurz, zupfte seine Kleidung zurecht und folgte dann weiter der Blutspur, welche die Mörder Emilios hinterlassen hatten. Es blieb keine Zeit, um auf Niklos zu warten. Der müsste selbst aufschließen, die Zuflucht oder mehr die Kanalisation darunter war so weitläufig, Konrad würde den vermeintlichen Meuchler niemals einholen, wenn er sich nicht eilte. Schnellen und doch erstaunlich leisen Schrittes kam er an eine Weggabelung.

Konrad, der Dieb, in den tiefen Gängen der Zuflucht

Ein kurzes Rekapitulieren, wie es überhaupt zu seiner derzeitigen Situation kam, während er die verschiedenen Wege inspizierte. Der Auftrag Oldenhallers, einen offenbar gewaltigen Edelstein zu finden, hatte ihn und seine Gefährten gelockt. Sie hatten schon vorab Bekanntschaft mit den verschiedenen Gruppierungen gemacht, einerseits die Valantinas. Diese waren aus Tilea geflüchtet und offenbar mit den vormaligen Platzhirschen den Schatzenheimern aneinandergeraten. Das Endresultat war ein Massaker der tileanischen Bande an Kurt Holgers und seiner hiesigen Bande, sodass bestenfalls noch versprengte Reste der Schatzenheimer übrig geblieben waren. Geschichten von Assassinen hatte er hinter vorgehaltener Hand schon vernommen, aber dass die Tileaner derart skrupellos waren, ließ selbst einem alten Haudegen wie Konrad die Haare zu Berge stehen. Als Dritter im Bunde waren die Huydermans , ursprünglich aus Marienburg und angeführt von Dirk Huyderman, verblieben. Jene stritten sich wohl ebenso um die Vorherrschaft. Allerdings war aus dem Dreikampf jetzt ein Duell geworden.

Oldenhaller Zuflucht
Nahezu unergründliche Wege unter Altdorf: Die Zuflucht

Seine wie immer akkuraten Abschätzungen hatten ergeben, dass er linke Pfad aufgrund des mit etwa zwei Meter pro Sekunde abfließenden Abwassers viel zu glitschig und einsturzgefährdet war, während der rechte Pfad mit einer Neigung von über 8° nach unten führte und das lose Geröll ihn sicherlich begraben würde, sollte er nur einen falschen Schritt machen. Daher zwängte Konrad sich durch den mittleren Weg, welcher zwar äußerst eng war, aber anscheinend ein natürlicher Tunnel und am stabilsten wirkte. Sofern man in der Finsternis mit dem schwach leuchtenden Kienspan etwas erkennen konnte, weitete sich der Gang, doch ein garstiger Anblick bot sich Konrad. Vor ihm war ein Mann halb verschüttet und vom Geröll zerquetscht worden. Sein Gesicht war kreidebleich, eine Kombination aus dem Staub und dem entwichenen Lebensgeist des zu Tode gekommenen. Um Morrs Willen wäre es angebracht gewesen, den Leichnam ordentlich zu bestatten und Ranald hätte bestimmt ein Auge zugedrückt, wenn er eine oder zwei Münzen für seine Mühen gefunden hätte, aber dafür blieb keine Zeit. Außerdem hörte man immer wieder ein Fiepen von Kanalratten und man konnte leichte Reflexionen des glühenden Spans in den schwarzen stecknadelgroßen Augen erkennen.

Gerade wollte er seinen Weg fortsetzen, noch schnell ein Stück des Seiles abgeschnitten, welches dereinst dem Unglücklichen gehörte, der würde es sicherlich nicht mehr benötigen. Als ein langgezogenes und heiseres Stöhnen der Kehle des Totgeglaubten entwich: 

Sigi, begraben unter dem Geröll

“Uaaaaaaahhhhhhhhhhhhrgh, hilf mir!” - Sigi

Unwillkürlich machte Konrad einen Satz zurück, die Hand glitt sofort auf den Dolch. Konnte es sein? Dass die blasse Gesichtsfarbe nur von der sicherlich hervorgerufenen Staubwolke herrührte? Immer mehr Ungeziefer in Rattenform begann sich nun um die zwei Eindringlinge in Ihrem Habitat zu sammeln. Das Fiepen wurde aufgeregter und lauter. Es war, als würden Sie verstehen, dass Sie im Begriff waren, eine fette Mahlzeit zu verlieren. Nachdem einige größere Geröllbrocken beiseite geschafft waren, konnte Konrad mit einer gewaltigen Kraftanstrengung den Kerl namens Sigi aus seinem vermeintlichen Grab befreien. Er hatte sich mit gepresster Stimme kurz bedankt und seinen Namen genannt. Vermutlich waren seine Rippen gebrochen, jedenfalls klang er sehr angestrengt. Beim Fluchtversuch eilte Konrad geschickt voraus nach oben, während der gerade noch Verschüttete immer wieder abrutschte und mit seinen klammen und geschundenen Gliedern nicht vorwärts kam.

Immer mehr Nager folgten Ihnen. Es war, als wäre ein ganzer Schwarm zusammen gerufen worden und manche davon erklommen bereits den staubigen Körper Sigis. Fluchend schlug Konrad mit seinem Holzknüppel einige davon in die Flucht, während der in Panik geratene Nachzügler um sich trat und so beinahe noch weiter nach unten rutschte. Plötzlich deuchte es Konrad, es waren keine gewöhnlichen Kanalratten, diese Untiere waren vom Chaos korrumpiert worden. Mutationen und Deformationen brachen aus den ohnehin unansehnlichen Nagerkörpern heraus.

Oldenhaller Contract Rats
Die Ratten der Zuflucht im Feuer Sigis Kienspan

Kleinere, tiefere Kratzer und Bisse drangen ins Sigis Fleisch und eine dünne Blutspur benetzte die staubbedeckte, ausgetrocknete Haut. Der Geruch von warmen Blut versetzte die Nager noch mehr in Aufruhr und das Gequietsche wurde immer lauter und die Anzahl der äußerst groß geratenen Nager stieg und stieg. Steigen war das Gebot der Stunde und mit einer letzten verzweifelten Anstrengung riss Konrad die ungelenkige Robengestalt nach oben und drosch mit dem Totschläger nach den mutierten Nagetieren, welche noch an seinem unverhofften Kumpanen knabberten.

- VINO -

Die Augen glänzten noch feucht, hatten einige Tränen doch sein geschundenes Gesicht benetzt. Vino hatte innehalten müssen, gemeinsam mit seinen Landsleuten trauern. Die Valantinas, auf Reiksspiel würde es die Tapferen bedeuten, hatten Ihren Anführer verloren. Ehrlos war er geköpft worden. Sein Zorn und seine Machtlosigkeit hatten ihn in den letzten Tagen und Stunden immer wieder übermannt. Was konnte er von hier aus schon tun. Seine geliebte Mama war zuletzt in der Nähe von Pavona gewesen. Mochte Rhya über sie wachen, bis er Rimona in Sicherheit wusste. Miragliano war überrannt worden. Gemeinsam erinnerten sich die Tileaner an ihre alte Heimat, die wohl niemals mehr an die ohnehin romantisierten Erinnerungen heranreichen können würde.

Niklos und Konrad waren sicherlich bereits auf der Fährte des Meuchlers, die untröstliche Tochter Emilios hatte bitterlich an der Seite des jungen Söldner geweint, und dennoch war eine gewisse Trotzreaktion unter den Vertriebenen zu spüren. Zum ersten Mal gab es
Hoffnung auf eine neue Heimat eine Enklave der Tileaner. Diese sollte im Untersteg gemeinsam mit Palladios Leuten gedeihen. Elvino konnte es sich vorstellen, vielleicht ein eigenes Tileanerviertel in Altdorf, oder zumindest ein Teil des Unterstegs. Bisweilen gar unter seiner Führung? Ein wenig alte vertraute Heimat in der so trostlos gewordenen Welt. Aber zuvor musste hier gehandelt werden. Dies konnte er zumindest beeinflussen. Seine Landsleute brachen überstürzt ob der Ereignisse gen Untersteg auf, mit Nachricht sich im Kellertheater vorzustellen, mit seiner höchstpersönlichen Empfehlung wohlgemerkt. Der Tileaner erhob sich ebenfalls aus seiner zu kurz geratenen Trauer und folgte dem Weg den seine beiden Kompagnons zuvor genommen hatten. Tiefer in die Zuflucht stapfte er hinein, und nach einiger Zeit bemerkte er zähneknirschend, dass er vergessen hatte eine Lichtquelle mit sich zu führen. Kommentarlos verschluckte die Dunkelheit seinen tileanischen Fluch, als er sich an den glitschigen nassen Wänden voran tastete. Vorsichtig setzte er Schritt für Schritt tiefer in die Zuflucht. Außer dem Knirschen von Geröll konnte man ab und an einige Ratten hören. Ein Geräusch, dass gerade einem Tileaner das Blut in Wallung bringen konnte. Dieses elende Ungeziefer, er griff seinen Schwertknauf und setzte seinen beschwerlichen Weg fort.

Plötzlich konnte man einen gepressten Schrei in der Ferne vernehmen, kurz darauf gefolgt von aufgeregtem Fiepen der Topi oder Ratti wie man Sie abfällig in Tilea nannte. Sicher waren die beiden Grünschnäbel in Probleme geraten. Vino beschleunigte seinen Schritt und verließ sich auf sein Gehör, während er in der Distanz bereits ein leichtes Glimmen eines Leuchtmittels erahnen konnte, gemeinsam mit dem bedrohlichen Leuchten der schwarzen Nageraugen. Unversehen befand er sich plötzlich in einer Umzingelung von Ratten und seine Kampferfahrung gepaart mit der Unübersichtlichkeit des Kampfgebietes geboten eine Flucht nach vorne. Niklos und Konrad hatten sich wohl aus Ihrer Misere befreien können. Zornig zerstückelte der Tileaner einige der mutierten Nagetiere welche ihm den Weg versperrten ehe sich ein besonders hartnäckiges Vieh in seinen Arm verbiss. Panikartig versuchte er das Untier loszuschütteln, als ihm plötzlich eine vertraute Hand gereicht wurde, die zu seiner Rettung geeilt war. Die Anzahl der Nager war immer größer und größer geworden und ein Entkommen schien schon aussichtslos. Die Dunkelheit, das lose Geröll und die Angriffe hatten ihn beinahe übermannt und er sah ob seines ohnehin geschwächten Zustandes schon wie der nächste Schmaus des angreifenden Schwarmes hinter ihm aus.

Oldenhaller Contract Rats
Die grausige Rattenplage treibt die Abenteurer tiefer hinab

Eine Lore glänzte im fahlen Licht vor Ihnen. Oh, ein Geschenk der Götter. Mit rasanter Geschwindigkeit würden der Tileaner und sein wiedergefundener Anhang wieder einmal vor dem Unheil davonbrausen und alles würde sich in Wohlgefallen auflösen. Mit einem manisch wirkenden Grinsen rissen Sie zu dritt an einem wohl rostigen Bremshebel, der die Lore fixierte. Moment, war das überhaupt Niklos? Es blieb keine Zeit für Debatten, hinter Ihnen kroch immer mehr Ungeziefer über die rostigen Außenwände des Transportmittels.

- KONRAD -

 “Krrrrack”, machte es, als Konrad gemeinsam mit Vino und ihrem dem Tileaner noch unbekannten neuen Gefährten Sigi den Hebel lösen konnten und sich die Lore langsam in Bewegung setzte. Der wahnsinnig grinsende Söldner wippte vor und zurück wie ein Kleinkind auf einem Schaukelpferd. Der Langfinger schüttelte leicht den Kopf, als er bemerkte, dass unter seinen Beinen etwas Weiches zusammengekauert war. Bei Morr,
schon wieder eine Leiche. Die Zuflucht wurde Ihrem Namen überhaupt nicht gerecht, denn die Anzahl der Kadaver hier war, so hatte es Konrad ausgerechnet, weitaus über dem bisherigen Durchschnitt Altdorfs gelegen. Natürlich war es eine kleine Stichprobe, aber…

Ojemine, die Schienen waren aus, und ein Prellbock aus Holz würde Ihre schon viel zu rasante Fahrt abrupt beenden. Bei dieser Geschwindigkeit und diesem Winkel würde ein Aufprall sicherlich mit gewaltigen Verletzungen einhergehen. Der Bremshebel, hoffentlich war dieses rostige Gefährt noch nutzbar, dachte er bei sich, als er die beiden anderen zu Hilfe rief. Sigi riss mit einem angestrengten Grunzen am Hebel, der gedrungene Jüngling aus dem Süden half ebenso mit, sodass es im letzten Augenblick gelang, das Vehikel zu verlangsamen. Während Silvino, oder Vino, Elvino, er war beim Vorstellen wohl noch verwirrt ob der rasanten Fahrt, sich noch mit dem Neuankömmling in der Gruppe bekannt machte, war Konrad schon dabei die Leiche unter Ihnen zu fleddern. Ein Silberling und ein Journal waren der Lohn für seine flinken Finger und gespannt begann er die dort notierten Zeilen zu lesen.

“Ich bin gerade in der Stadt angekommen. Ich habe meinen Kontaktmann Lars getroffen. Ich habe auch mein Ziel für ein leichtes Leben als Brigid. Sein Name ist Fiedal. Typischer Kavalierstrottel. Es ist so schön, heute Abend mal wieder Jan zu sein. Ich habe gerade mit einem lokalen Händler „verhandelt“, der den Huydermans zu wenig Geld gegeben hatte. Er wird niemandem jemals mehr etwas schulden … Verhandlungen mit Schatzenheimern waren ein Erfolg. Lars war hier sehr hilfreich. Hab den Auftrag angenommen, mich mit Valantina zu befassen. Sein Kopf wird die Wand der Huydermans schmücken!”

Sigi ruht sich aus, als Konrad gerade das Journal entziffert

Konrad wiederholte die Zeilen noch einmal laut für seine nicht des Lesens mächtigen Gefährten. Also war Brigid nur eine Tarnidentität gewesen. Viel schwerer wog außerdem das Geständnis, dass die Huydermans Emilio auf dem Gewissen hatten. Insbesondere da neben der Leiche noch der besagte Kopf im Dreck lag. Ein garstiger Anblick. Konrad wurde übel, er übergab ich über den Rand der Lore hinab. Elvino war offenbar Schlimmeres gewohnt und war gerade im Begriff, einen funkelnden grünen Edelstein in der Größe einer Faust abzulesen, als Konrad dazwischen blaffte. “Fass den Stein nicht an!”. Oldenhaller hatte ihn und Niklos eindringlich davor gewarnt, das Artefakt zu berühren, während Elvino draußen gewartet hatte. Vorsichtig griff der Langfinger den Edelstein mit einem Tuch und drapierte ihn sanft in die vorbereitete Metallkassette, die ihm für genau diesen Zweck übergeben worden war.

Oldenhaller Contract Gem
Das Questziel: Der Edelstein, endlich in den Händen der Abenteurer

 Jeder kennt sicherlich das Geräusch von gewaltigen Schmeißfliegen wie man Sie insbesondere bei Misthaufen und Bauernhöfen oft findet, welche unglaublich nervtötend laut Surren und Brummen, während Sie dümmlich gegen irgendwelche Vorhänge oder Fensterläden immer und immer wieder prallen. Man multipliziere diese Lautstärke mit einem Faktor 10 und addiere das Echo der Zuflucht und die Schwärze, welche das Trio umgab und somit eine Lokalisation des Geräusches unmöglich machte. Dies erfüllte plötzlich den Raum, es war, als wäre plötzlich eine weitere Entität mit Ihnen in der Dunkelheit. Schleimige Schneckenaugen, besetzt von Fliegen, schwebten direkt an allen dreien vorbei. Was bei allen Göttern geschah gerade? Elvino blickte mit blankem Grauen starr auf das Wesen, während Sigi voller Inbrunst mit seiner Fackel auf den Widersacher hiebte. Es war zwar nur so groß wie ein junger Hund, aber es konnte ohne erkennbare Flügel schweben, war offensichtlich nicht von dieser Welt und damit war klar, es konnte nur eine Ausgeburt des Chaos sein.

Der fliegende Daimon

 Schleimige Spritzer stieben gemeinsam mit Funken aus dem getroffenen Etwas. Zornig holte der, scheinbar als Pilger hier gelandete Sighardt, abermals aus und das Ungetüm zerplatzte in tausend kleine Fliegen und verteilte abermals eine garstige Flüssigkeit in der dunklen Luft und Funken flackerten durch die Schwärze.


- VINO -

Vom Angreifer war nichts geblieben, und dennoch war dem sonst so kampferprobten Tileaner das Herz in die Hose gerutscht. Das war ein Wesen, wenn es auch nicht das Mächtigste gewesen sein mag, etwas, das aus einer ganz anderen Bosheit geboren worden war. Es war, als wäre noch ein Rest des Unheils in dieser Welt verblieben, obwohl nicht mehr zu sehen war als ein flammender Rand aus Brandspuren am Boden. Er musste sich schütteln, dieser Ort sollte schnellstmöglich verlassen werden und so schlichen die Drei vorwärts, der Pfad, auf dem sie mit der Lore gekommen waren, war allein aufgrund der Ratten keine Option. Vorsichtig näherten sie sich einer Gabelung, an welcher eine Barrikade aus umgeworfenen Tischen, Möbeln und dergleichen aufgebaut war. Ebenfalls waren dort ein Leuchter und ein paar andere Lichtquellen angebracht. Ein Weg schien aus höher gelegenen Ebenen herab zu führen und auch die Barrikade war so ausgerichtet, dass Sie vor Eindringlingen aus dieser Richtung schützen würde. Viel Zeit zum Planen der weiteren Schritte blieb nicht, Konrad war voran geschlichen, da er sich leichtfüßiger bewegte als der verletzte Vino und der etwas verstaubt wirkende Sigi. Während der Kundschafter noch unterwegs war, waren plötzlich vom tiefer gelegenen Pfad Gesänge zu hören, eine unverständliche Sprache, guttural und überhaupt nicht harmonisch klang es durch den Abgang herauf. Vino schwante Böses, hoffentlich würden wer oder was auch immer dort lauerte, die Drei nicht entdecken. Plötzlich hörte man dumpfes Krachen, als würde etwas einstürzen. Allerdings nicht, wie man vermuten würde, aus Richtung der von unten klingenden Stimmen, sondern der nach oben führende Weg war wohl in sich zusammengestürzt. Gefolgt war das Krachen von einem Fackelschein und gesprochenem Reiksspiel, allerdings mit einem vertrauten Marienburger Akzent. Oberon hatte einen ähnlichen Zungenschlag. Sofort vermutete der Tileaner die Huydermans hinter den unverhofften Neuankömmlingen. Stümperhaft versuchten Sigi und Vino sich zu verbergen, doch es blieb nicht genügend Zeit und die Stelle war auch zu gut ausgeleuchtet. Zu allem Überdruß kam gerade Konrad zurück vom Ausspähen der, wie sich herausstellte, Chaoskultisten. Auf tileanisch gibt es ein Sprichwort, das übersetzt bedeutet: “Der Feind meines Feindes ist mein Freund”. Das passte zur Situation wie die Salsiccia auf die Pizza.

- KONRAD -

Mit Verweis auf die drohende Gefahr durch die Kultisten konnte der bedachte Konrad gerade noch so eine Eskalation und einen Kampf verhindern. Wenngleich die Huyderman-Truppe ebenso ramponiert aussah wie der staubige Sigi und der verschlissene Vino, wäre so ein Scharmützel keinem hilfreich gewesen. Noch bevor die fragile Allianz fertig beschlossen werden konnte und Waffen verteilt gewesen waren, hatte einer der Marienburger das Zeitliche gesegnet. Sie waren allesamt auch geschwächt, dieser Ort war definitiv nicht zum Verweilen gedacht, offenbar schwächte die Umgebung oder vielleicht dieses bösartige Wesen all jene, die zu viel Zeit hier verbrachten. Der Tileaner hatte auch schon angefangen zu husten, während er sich noch bückte und mit bedauerndem Blick den Bogen des Verstorbenen an sich nahm. Zerknirscht pirschten sich die nunmehr 8 Mann in Richtung der Stimmen und schon bald wurde klar, dass ein unheilvolles Ritual im Gange war. Immer fettere und verdorbenere Fliegen und Insekten umkreisten einen Punkt in der Mitte der Kultisten, es war, als wollten Sie etwas heraufbeschwören. Vielleicht ein Wesen, welches jenem unheilvollen schneckenförmigen Monstrum von zuvor glich. Die Analyse Konrads war noch nicht abgeschlossen, da wurden Sie auch schon entdeckt und zwei schwarze Gestalten, welche den Vorgang wohl abschirmen sollten, stürmten mit gezogenen Waffen herbei. Sogleich entbrannte ein erbarmungsloser Kampf. Elvino hatte ganz am Anfang ein Fass in Richtung der Angreifer hinab gerollt, welches offenbar mit Branntwein oder dergleichen gefüllt war. Der Gedanke war grundsätzlich nicht schlecht, dachte Konrad, doch bei dem Winkel und der Rundung des Eichenfasses, gepaart mit dem Reibungskoeffizienten des Untergrundes, würde das Fass niemals bis zu den Gegnern rollen. Nutzlos kam es auf halbem Weg zu stehen. Mit einem verschwendeten Brandpfeil versuchte er nutzlos auch noch das Fass zu entzünden, der neue Bogen schien ihm noch nicht ganz zu gehorchen und das Geschoss landete im Nirgendwo. Die Idee weiter spinnend probiert Konrad eine brennende Flasche auf die immer näher kommenden Schergen zu werfen, doch auch diese zerplatzte ohne größere Wirkung. Es blieb keine Zeit für derartige Experimente, wenn doch der grobschlächtige Nicklos nur mit von der Partie wäre. Wo er wohl abgeblieben war?

Der Tileaner, der sich seitlich etwas aus dem Nahkampf heraus hielt, wohl ob seines Zustandes, feuerte nunmehr etwas geschickter einen Pfeil auf einen der Kultisten, während sich die versammelte Truppe den Angreifern entgegen stellte. Jene waren vermutlich an Kampfkunst und Ausrüstung überlegen, jedoch war das spontan geschlossene Bündnis zahlenmäßig überlegen. Langsam gingen die wenigen Pfeile aus und das Kampfesglück musste im Nahkampf zu ihren Gunsten beeinflusst werden.

Einer der Huyderman Schergen kassierte einen Treffer und ging in die Knie ehe der Anführer Dirk welcher wohl am ehesten als kampferfahren bezeichnet werden konnte. Einen der Gegner böse treffen konnte. Mit vereinten Kräften konnten die beiden Wächter überwunden werden, einen davon hatte Vino mit seinem Schwert übel zugerichtet, der zweite fiel dann dem kollektiven Ansturm zum Opfer. Der stürmische Tileaner war bereits alleine voran geeilt, vermutlich weil sich in der Mitte der Robengestalten mit ihrem schauderhaften Gesang immer klarer ein verdorbenes Wesen manifestierte. Die Fliegen verschmolzen zu einer Kreatur, eine Entität noch weitaus mächtiger und bösartiger als jenes, das zuvor so wagemutig von Sigi vertrieben worden war. In der Mitte leitete der vermutliche Anführer dieses dunkle Prozedere an, und während der Söldner mit Konrads Hilfe einen Kultisten niederstreckte teilten die zwei sich auf. Sigi und Konrad formierten sich gegen die Bezaubernden während der verzweifelt und auch wahnsinnig dreinblickende Vino in einen Zweikampf mit dem Führer der Kultisten begann.

Die amorphe Masse inmitten des Rituals beginnt Form anzunehmen

Konrad lag schon ein Freudenschrei auf den Lippen, als er im Augenwinkel beobachtete, wie ein gewaltiger Hieb sein Ziel fand, doch der Kontrahent schien unbeeindruckt vom Schwertstreich. Blut und Maden klebten noch an der Klinge. Nach und nach wurden die Kultisten niedergerungen, fast manisch führten sie dennoch alle das Ritual fort. Das Duell im Zentrum der Fehde war entscheidend, denn man konnte selbst als Laie erkennen, dass hier zwei Veteranen ihrer jeweiligen Zünfte aufeinander trafen. Dies nicht nur im sprichwörtlichen Sinn, denn die käufliche Klinge des Herren de Fuero bohrte sich in den dunklen Magier und es schien als wäre der Kampf entschieden. Doch bevor dieser noch seinen Triumph feiern konnte, traf ihn ein Projektil fast unsichtbar in der Schwärze des Untergrunds. Geformt aus böser Magie und begleitet von verdorbenen Fliegenkreaturen, traf es den Arm des Tileaners. Sein Gesicht war für einen Moment wie im Fluss der Zeit erstarrt, dachte sich Konrad. Ehe der Getroffene zusammenbrach und leblos zu Boden sank. Mit einer unheilvollen Vorahnung beseitigte der Trupp die restlichen Kultisten nunmehr mit einer Siegesgewissheit, doch zu welchem Preis war der Triumph errungen worden? Die Manifestation welche herbeigerufen werden sollte, löste sich in ein Nichts auf, und dennoch blieb bei all jenen die diese dunkle Zeremonie beobachtet hatten, die Angst und Ungewissheit im Nacken. Denn hier war versucht worden, etwas heraufzubeschwören von einer Perfidität wider die Götter, die zumindest Konrad, und vermutlich auch die anderen, so noch nicht erlebt haben.

Vino, in der Zille am Untergrundsee. Bereit für die Heimreise ins Kellertheater

Eilig sammelte sich der Trupp um Elvino, der schwach aber doch noch atmete. Mit vereinten Kräften wurde er zuerst, mit einer Zille, aus der Zuflucht und später gen Untersteg verbracht, wo heilende Hände hoffentlich für sein Überleben sorgen sollten. Konrad machte sich vor dem Verlassen des Handelsviertels noch auf zu Oldenhaller um die Bezahlung der viel zu niedrig angesetzten Prämie für den Edelstein einzufordern. Eine erkleckliche Summe war es geworden, doch was hatte es wohl mit dem Stein auf sich? Warum wollte der Adlige jegliche Verbindung mit diesem Artefakt vermeiden? Es blieb wenig Zeit für Gedankenspiele, denn die Fähre zurück in den Untersteg wartete bereits am Kai..

Oldenhaller Contract Gem
Der Edelstein

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