Dienstag, 31. Januar 2023

Eine Serie unvorteilhafter, mysteriöser Zufälle (Reikerbahn Teil 3)



Bericht Oberons aus dem Haus der Bal Drian über die Geschehnisse auf der Reikerbahn.

Der Traum

Rot - Blau - Grün, wie Lustrische Paradiesvögel um einen Obstbaum in den Orangerien meiner Sippe in Marienburg kreisen sie, die drei Gestallten, in einem Meer aus Leere, um das golden leuchtende Gestirn eines ziselierten Altars, kommen ihm mit jeder Umdrehung näher, näher, näher...
So oder ähnlich verschwomm bereits vor meinen, Migräne getrübten Augen, eine geträumte Vision, als sich mein müder Leib, in dem wohltuend warmen Zuber der Baderanlage wieder fand.
Syfryd und Karl hatten mich hier abgeliefert, selbst gerade daran geflickt zu werden, und ebenso meine schmerzlich errungene Neutralseifen Lauge hatte scheinbar ihr Ziel gefunden.



Die Emulsion

Die Kollegin Wagner war bereits mit ihrer Anrührung in dem mir benachbarten Zuber beschäftigt. Schaumblasen und betörender Durft von Kräutern aus dem Schwarzen Gebirge drangen davon zu mir herüber. 
Eine Emulsion, also homogene Wasser und Fettmischung  vergleichbar mit Milch, konnte hierbei nur durch Konzentrat Gewinnung, mittels  Eindickung gewonnen werden, erfuhr ich. Die Klumpen wurden über dem Feuer erhitzt, was alle 5° ihre Reaktionsgeschwindigkeit verdoppelte und kontinuierliches Umrühren erforderte.
Die Scherze mit Wödlinger, Kollegin Wagners Bonbons und ein erneutes Aufstocken meiner Bandagen und Salben Reserven hoben meine Stimmung weiter, und bald schon fühlte ich mich, frisch gewaschen und aufgewärmt, wieder Herr meiner Sinne und fokussierten Verstands.

Getrennte Wege

Wie sich der Wintertag zum Abend neigte, machten sich meine ebenso gestärkten Kameraden noch mit Schaumresten in den Harren auf, zu ihren eigenen Dienststellen. Karl und Gicki richteten  sich den Magiern zu, eine Kombination von der mein entspannter Sinn nur positive Resultate erwarten konnte, Syfryd indes, sprach von einer Palisade 14 wo er den Dienstboten zu Hilfe sein wollte. Das letzte was ich von ihm sah, war jedoch eher in Richtung eines der Goldenen Hunde bestrebt, mit denen er nun schon wiederholt leichtisinnig Bekanntschaft machen zu müssen meinte.
Mit der fertiggestellten Duftorgel Emulsion - scheinbar für einen alle Sinne überwältigenden finalen Teil der Theaterdarbietung geplant - in einem offenen Topf, machte ich selbst mich über den Dachweg auf zum Theater. Der war rutschig und ich verlor einige Tropfen auf dem Holzsteg, fing mich aber und konnte schlimmere Stürze zu vermeiden. Denn bei einer Stelle ganz in der Nähe, gar lächerlich gut mit Handläufen gesichert, in geringer Höhe und von den Sturz bremsenden Dachschrägen und Tiefschnee umrahmt, hatte es Tags zuvor doch anscheinend ein Diener geschafft zu Tode zu stürzen.
Dies, sowie Gerüchte über die Anwesenheit Prinz Oswalds persönlich, sowie angeblichen Aufständen im Adelsviertel unter einem Estalischen Aufwiegler und dem resultierenden Tod einer gewissen Angelika Brena erfuhr ich durch die legere Unterhaltung mit einem unterforderten Armee Scharfschützen, einem jener breitkrämpigen und ordensdekorierten Elitesoldaten, die zur Bewachung der Dachwege sogar mit einer der unbezahlbaren Langbüchsen des Hochlands ausgerüstet worden war. Er hätte weiter befragt sicherlich noch mehr nützliche Informationen beiläufig erwähnt, doch erneut verlangte mir gebotene Unauffälligkeit ab, nicht noch weiter nachzubohren.


Indes, Karl und Ricki in den Quartieren der Magier


Syfryds Perspektive, im Gespräch mit Dolminger:

"Ich bin dann allein zur Palisade 14 aufgebrochen nachdem wir bei den Akademikern fertg waren." erzählte Syfryd im Nachhinein Dolminger.  "Um den Weg dorthin zu finden, habe ich mich beim Wachbüro erkundigt, dort wurden mir keine gescheiten Informationen gegeben, also hielt ich Ausschau, nach jemandem der sich auskennt. Habe dann einen Goldenen Hund mit zwei richtigen Hunden am Platz entdeckt, ging hin und fragte ihn wo genau die Palisade 14 gelegen ist...

Der gab  sich dabei ziemlich angepisst. Er hat sich an mir die Hand verletzt, wich zurück und ging in Angreiffsstellung, die beiden Hunde haben sich genauso verhalten.

Ich habe die Hände in die Luft getreckt, bin zum Glück nicht angegriffen, allerdings verhaftet worden.
Dann hatte ich ein kurzes Gespräch mit Wenzel. Mir wurden beide Dolche abgenommen, die scheinabr keine gewöhnlichen Dolche sind, Wenzel hat, Sigmar sei Dank, mit einigem an Überredung, keine Gefahr in mir gesehen, er ließ mich gehen, allerdings ohne Dolche. Dank ihm wurde ich also nicht gleich von den Goldenen Hunden erledigt.

Als ich in einer Nebengasse ein paar freundlich klingende Kumpanen hörte, konnte ich mich mit ihnen gemütlich zusammensitzen und betrinken. Also nicht das was ich wollte aber besser als nichts.
Ich erfuhr, diese Unterstegler Bediensteten, wussten auch nicht, dass dieses Ereignis sich über mehrere Tage erstreckte und wir sprachen über den ersten und zweiten verdächtigen Todesfall. Sie brachten ihr generelles Unwohlsein über die Dauer der Veranstalltung zum Ausdruck und fragten mich ob ich möglicherweise Briefe an ihre Familien nach draußen bringen kann, Belohnung dafür lehnte ich ab. Danach schickten sie mich zu ihren Chef, einem gewissen Tilgner, von diesem erhielt ich leider auf Anfrage keinen Alkohol, aber immerhin die Auskunft um die Palisade 14 zu finden.

Ich bin direkt dorthin und traf auch gleich zwei Gesellen die ihre Ladung bereits abgeliefert hatten, sie waren bereits ziemlich niedergeritten und fertig. Auf der Palisade waren zwei Wachmänner, ich meldete mich bei diesen zum weiteren Abladedienst und machte mich nützlich. Kurz darauf kam der Fischlieferant, ein sehr einfacher Geselle, der mit ein bisschen Überredungskunst und Edelmetall die Aufgabe der Briefzustellung fragwürdig gut übernommen hat. 
Wir schlichteten den Inhalt seines Pferde gezogenen Wagens auf einen Zug Karren um, dabei fiel mir ein besonders schönes Exemplar eines großen, komischen Fisches mit einer langen, harten, spitzen Schnautze auf.

Aufgrund unserer Erschöpfung wollten wir den Wagen nicht durch die matschigen Straßen schieben, nutzten also mit Elaubnis der Wachen den passierbareren Dachweg, ich half ihm noch kurz den Wagen da rauf zu zerren und wollte dann den Abend ruhig mit Getränken ausklingen lassen."







Der Spatz in der Hand ist besser als die Schwalben auf dem Dach

Am weiteren Weg zum Dienstboteneingang des Theaters bemerkte ich immer wieder wie sich drei Figuren scheinbar im gleichen Takt mit meinem vorsichtigen Schritt, aus der Menge schälten und mich auf der Straße unter mir verfolgten. Was wollten diese grobschlächtig wirkenden Halunken? Hatten es tatsächlich Bautruppler auf diese exklusive Veranstalltung geschafft? Hatte Fillinger Fäden gezogen um uns den Tag zu verderben? Ihren grimmigen Visagen nach, hatte ich scheinbar mehr ausgefressen, als den Dung Wagen falsch geparkt und etwas Seife verschüttet zu haben. Ich händigte die Seife einem generften Kämmerer des Theaters aus und wurde, auf dem selben Weg zurück geschickt, über die Holzbrücke zu den Dächern der angrenzenden Tavernen. Dort passierte ich immer schnelleren Fußes eine Leiter, schon hörte ich diese hinter mir knarren unter der Last der Bewaffneten. Konfrontation machte nun keinen Sinn, ich durfte auf keinen Fall erneut mit dem Mukusbehälter eng am Leib verhört werden, und drehte noch einmal zum Theater um. Ein eiliges, heftiges Klopfen, übersetzte, bereits stark bedrängt, meinen Puls auf das dicke Holz der Tür. Der vorderste Schurke in halbherzig herausgeuputzter Feiertagsmontur streckte bereits die Hand nach mir aus. Ein Spung von der Brücke auf die Straße würde mich einiges meiner gerade zurückerlangten Energie kosten, doch ich war entschlossen weder kampflos mit ihnen zu gehen, was auch immer diese inoffiziellen Wachhunde auch wollten, noch durch ein Waffenziehen unnötig aufzufallen und noch die Langbüchse auf mich zu lenken. Denn eine Goldkrone für jeden erwischten Unruhestiffter, so dachte ich, konnte einem den Abzugfinger schon nachdrücklich nervöser werden lassen. 
Da öffnete sich hinter mir, gnadebringender Weise, erneut die Tür und der gestresste Kämmerer fuhr mich an, was die erneute Belästigung sollte. Durch höfliches Ansuchen und vielsagende Seitenblicke auf die Schläger hinter mir erbat ich mir erfolglos Passage durch die Innengänge des Theaters, schaffte es aber den Kämmerer zu bewegen seine limitierte, doch bei Bedarf präziese eingesetzte Macht ausspielen zu lassen. Denn die scheinbar den Tauben-Enblemen nach erkennbaren Männern Feuerfratz´ hatten auf dem Dienstbotenweg ohne Zustellungsaufträge nichts zu suchen. Mit dem bloßen Erwähnen einer Beschwerde aufgrund ihrer Unzüchtigkeit bei ihrem Herren bedrohte er die drei scheinbar zu einem Maß, dass sie sogleich zurück auf die Straße flüchten ließ. Meinem dankenden Nicken begegnete er nur mit einem genervten davonwinken. Sogleich war ich schon wieder ausser Sicht, ehe die Tür ganz zugekallt war. Wie lauernde Straßenköter eine Katze auf dem Dach, verfolgten sie mich wieder, zurück Richtung Baderstätten einige Etagen unter mir. Ich konnte mir schon denken was sie wollten: Gerüchte machten zweifellos bereits die Runden nach denen ein Elf als neben der Toten unter den Bühnenausgleichgewichten gesehen wurde. Der Dienerin die ebenfalls aus Feuerfratz´ Dienst stammte - mindestens eine grobe Eskorte zu, und Befragung durch ihren Herren stand mir vermutlich demnächst bevor.
Weiter vor mir versperrte der ungeschickterweise auf den Dachweg gezerrte Schubkarren eines Fischlieferanten auf mich zu Richtung Theater gezogen den Dachweg. Ihn passieren zu lassen würde dauern.
Wieder bei dem Scharfschützen angelangt verweilte ich also, die ungeduldigen Hunde unter mir kreisen lassend, einige Augenblicke und genoss noch die letzten Momente unversehrter Freiheit und ließ meinen Blick, gleich dem des  Scharfschützen höher über die Dächer in die Ferne schweifen und den Sonnenuntergang genießen während der Karren fast die ganze Breite des Weges beanspruchend näher kam. 

Nikolaus Laudher vong Feuerfratz,
Stolzer Besitzer einer Privatarmee,
Teilnehmer der Reikerbahn Verhandlungen


Operation Schwertfisch

Ob durch das Zwielicht der Gestirne oder den niedrigen Blutdruck seiner ereignislosen Wachschicht, ohne sein Zielrohr am Auge ließen seine menschlichen Sinne den Schützen nicht das wirre Blitzen auf dem Dach eines der höheren Gebäude der Reikerbahn erkennen, und allein fixierte ich stirnrunzelnd das merkwürdige Spektakel. Gleich neben der Kuppel der Sternwarte wie ich später erfuhr, tanzte, oder rotierte vielmehr, wie wild eine kleine runde Figur. War es ein Glockenspiel Mechanismus? Eine Art Vogelscheuche? Ein im Kreis tanzender Kislevitischer Derwisch?

Das unwohle Gefühl beschlich mich, dieses Phänomen bereits gesehen zu haben, wiederholt, und selten mit gutem Ausgang. In Kombination mit den wiederholten, abgehackten Ausrufen "NEEEBBUUUULUUUUUUUS" wurde diese Ahnung immer stärker. Da wurde die aufblitzende Erscheinung, erst Stecknadelkopf klein, immer größer und größer. Nein, sie kam näher, genau in meine Richtung! Durch ein halblautes Aufstöhnen versuchte ich noch den Soldaten aufmerksam zu machen, da schlug es bereits ein: eine rotierende Metallscheibe schoss wenige Meter von uns entfernt in den Wagen des Fischtransporters. Als würde die Zeit halb einfrieren sah ich von dem Wagen mit dem noch vom Aufprall vibrierenden, übergroßen metallenen Wetterhahn, zu dem Dach mit der Kuppel an dem ich - denn wie konnte es anders sein - die Hände, oder vielmehr Flügel, hinter dem Kopf verschränkend, Karl erkannte, der gerade noch auf dem sich drehend aus der Verankerung davongeflogenen Wetterhahn geritten war. Ich sah über den aufschreckenden Soldaten zurück neben mich auf den Dachweg, wo der aus der Balance gebrachte Karren den ziehenden Diener vorschob, direkt in die noch glänzende Pfütze, zuvor von mir verschütteter Seife, in der er gänzlich den Halt verlor, in das hölzerne Geländer des Dachwegs krachte und den Fischkarren mit sich umriss. 
Ob der Soldat den rutschenden Diener noch zu fangen vermochte, konnte ich in dem Moment nicht mehr wahrnehmen, denn mein Blick war fixiert auf den Schwall in der winterlichen Kälte gefrorener Speisefische, der sich hinunter auf die Straße ergoss. Allen Meereskreaturen voran, schälte sich, wie zielgerichtet, ein übergroßer Schwertfisch, durch seine stromlinienförmige Körperform und Flossen wie ein Pfeil in Rotation die Spitze voran gen Boden aus der Masse hervor. Niemals meinte ich, hätte sich der Mann ausgemalt jemals in den exklusiven Genuss eines der teuersten Speisetiere der Alten Welt, oder vielmehr Meere zu gelangen, wenngleich er die traditionellere Art das Tier zwischen die Zähne und in den Bauch zu bekommen vermutlich vorgezogen hätte.

Der Transport über die Dachwege war wenig zielführend
doch die Fracht schien zielsuchend


Längst hatte ich den Glauben irgendetwas könne hier noch mit Zufällen zugehen verloren und lange bevor die beiden verbliebenen Häscher Feuerfratz' entsetzt von ihrem bizarr in den Straßenboden gepfählten Gefährten zu mir hoch sahen, war ich schon auf und davon.

Nebulöse Motive

"Oberon, ich erbitte eine dringende Audienz aufgrund kürlicher Geschehnisse, und fordere nachdringlich und respektvoll, vertrauliche Unterredung!" empfing mich Karl - hier in etwas präsentierbarere Worte gebracht - sogleich in der Baderunterkunft und zerrte mich davon. Wohnin auch immer, ich stimmte ihm zu und war dankbar mich nicht mit dem zweifellos demnächst eben hier her gebrachten medizinieschen Notfall kümmern zu müssen. Die Fähigkeiten eines Chefkochs oder Herrn Bohns wären nach dem, was ich gesehen hatte, ohnehin eher als die meinen verlangt. An Karls verbleibender Hand davongezerrt spielte ich schon mit dem Gedanken, mir wieder eine Maske, oder gar neuen Namen und Identität zuzulegen, womöglich einen falschen Bart und Ohrenprotesen? Was auch immer ich finden konnte um Feuerfratz nun vermutlich umso vehementerer Unterredungsanfrage ausweichen zu können. Alles was ich ohne einen Magier anbetteln zu müssen, an Tarnung auftreiben würde war mir recht, denn eben jenen musste ich unbedingt fernbleiben.

So dachte ich an eure Worte, als Karl hinter uns die Tür zu dem Kuppelgebäude zuknallte, einen Riegel vorschob und außer Atem nur ansetzen konnte mit: "HEAST NEBULUS WOS WOADN-" Jäh wurde er jedoch von einem, fast bis zur Decke der Halle aufragenden Riesen unterbrochen, der uns herrisch anfuhr und in übergroße Sessel sacken ließ. Ich muss zugeben, mit dem Anblick des Riesen, mit dem muskelbepackten Körper eines Norsischen Ruderers und dem Bart eines Greises, größer als jeder Oger oder jede übertriebene Heldenstatue in der Nekropole, vermutlich unweit unter uns, erschien mir der exzentrische Magier nicht einmal das unglaubwürdigste Erlebnis der letzten Stunde. Noch, dass er uns nach verwirrter, markerschütternd schallender Befragung des eben Geschehenen wieder auf menschliche Größe schrumpfend freundlich mit Zimtschnecken verköstigte. Von Angst und Verwirrung hin und her gerissen blieb mir lediglich übrig auf all seine Fragen stotternd zu antworten, nur bedacht darauf seine über mich gebeugte Berührung zu vermeiden indem ich von dem gigantisch werdenden Sessel rutschte und das restliche Gespräch von der Engangstür aus führte. Außer euch, Edler Mercian fällt mir kein Magier ein, mit dem ich es je zu tun hatte, der nicht der Mutation oder Totenbeschwörung anheimgefallen wäre und nun hatte mich Karl gleich in ihre Zentrale hier gezerrt. Ich musste ihre Berührung unbedingt weiter meiden!

Nebulus stellt entnervt fest,
was sich auf der Straße zugetragen hat.

Karl schien bereits einen eingespielten Rapport mit dem Magier zu haben. Jener hatte es in seinen vielleicht gerade mal 60 Jahren gar wahnwitzig schnell zu erstaunlicher Mach und Willensstärke gebracht, zahlte jedoch offenkundig den Preis dafür, wie es viele seiner kurzlebigen Fachkollegen gern vormachen und einzugehen bereit sind: Unberechenbarer, zügelloser Wahnsinn.
Da sich Karl für den Anlass, selbst für seine Verhältnisse auffallend, alles andere als dezent ausstaffiert hatte, wie üblich Faxen machend, Profanitäten und Etikettenlosigkeit bei jedem Rad Schlag wie auch Feuer um sich spuckend, selbst geflügelt und natürlich mit einem, mit jedem Tag bedrohlicher wirkenden "Hühnchen" auf dem Kopf zeigte, war es ihm folglich ein wahrer Dorn im Auge, nun schon die längste Zeit mit Farblosigkeit und daraus resultierender, vergleichbarer durchschnittlicher Unauffälligkeit gestraft zu sein. Denn anscheinend war seine ganze bisherige Wetterhahn Reit Darbietung der in einem weiteren verdächtigen Todesfall resultierte in eben diesem Dienste motiviert: Sich von dem Magier seine "Farbigkeit" wie er es ausdrückte zurückzukaufen. Mit, seinen eigenen Angaben zufolge, extrem reduzierten und durch die Bannkuppel von den magischen Winden abgeschnittenen verbleibenden Kräften erfüllte "Nebulus", so der Name des Schattenmagiers, Karl seinen Wunsch. Fortan sollte er also als braun gebrannte Südländer-Halbings Figur seinen Aufenthalt auf der Reikerbahn bestreiten, eine passende Abwechslung wie ich fand, doch sehr zum Missmut des Gauklers und Domteurs. 

Wir erfuhren, dass das Reich der Schatten um Altdorf verzerrt sei und zu einem Vakuum führte, seit der Nexus Ulgus, so nannte er die zerstörerische Macht die der Cursus mit dem Vaultartefakt aus Altdorf nun führte, die Pikade in das Metzgervietel, die Stadtmauern und quer durch den Untersteg, den er die "Die Duftkeule" nannte, gerissen hatte. Seine Bannzauber über der Reikerbahn nannte er die "Graue Kuppel", seine ehemaligen Gildenkollegen die nun dem Cursus folgten wären keine Kampfmagier und gleiten von Ulgu ab, die Magie scheine über dem Dach des Theaters zu kreisen und mit dem Wetterhahn hatte er anscheinend ein neues magisches Artefakte geschaffen das die Winde der Magie anzeigte. Grund zur Besorgnis war außerdem, dass der Shalyatempel im Untersteg seit dem Zweikorndiebstahl geschlossen war und nun 8000 Bewohner des Unterstegs von einer unmittelbaren Hungersnot bedroht waren. Was mich ebenso stutzig machte war die Information, dass die Sindelfingener Elfen Besiedelung anscheinend älter als die Gründung der Magieakademien unter Magnus und Teclis und die dadurch gerechtfertigte Präsenz einer Kolonie aus Ulthuan, dazu würde ich gerne weiter mit euch sprechen Herr und habe einige Fragen.

Weitere Nachforschungen meinerseits zu jener rätselhaften Schattenmagie Akademie und den, meine Vermutungen bestätigend, teils von dort stammenden, abtrünnigen Schülern die sich dem Cursus angeschlossen hatten wich der Magier zwar aus, zog uns allerdings notgedrungen in den sehr engen Kreis seines Vertrauens, den scheinbar nicht einmal die anderen Magier in der Nähe genossen. Sich mit herb riechenden Rauschmitteln einrauchend teilte er uns, unter Zusagen folgender Kooperationen und Unterstützung für Christian bei den Logenverhandlungen mit, nicht zu wissen wer diese magischen Interferenzen verursachte, oder wo sich die Quelle der "Unfälle" befand, und beauftragte uns fortan, unter strengster Geheimhaltung, vor allem vor den anderen Magiern, dem Problem auf den Grund zu gehen. Dies sollte eine Befragung eben dieser anderen Magiebegabten beinhalten, von denen ich bisher nur jene Frau von nahem gesehen hatte, die wir bereits im Morrsgarten Wochen zuvor angetroffen hatten und die hier scheinbar gemeinsam mit Manfred, mit der Aufklärung der Todesfälle beauftragt worden war. Wie ich später erfuhr war sie, die Magierin Sabrina,  zu eben der selben Zeit damit beschäftigt, mittels Einsatz ihrer  bedrohlich magischen,  manipulativ politischen  und nicht zuletzt üppig verführerischen Kompetenzen sich Syfryds Dienst für selbigen Auftrag zu sichern. 



Syfryd:

"Wir hatten gerade ein feucht fröhliches Gelage" erleuterte Syfryd seinem Auftraggeber weiter, "Als plötzlich Wachen und eine vollbusige, Schönheit in Lack und Leder den Raum stürmten. Ich war leicht nervös aber offen für neue Erfahrungen. Besoffen war ich noch nicht sonderlich, höchstens ein kleiner Damenspitzer, als meine neuen Brief-Freunde und die Wachen uns wieder verließen und ich allein mit der Dame war. Oh Scheiße. 

Wir hatten sie unten bereits erlebt mit den Hexenjägern, wo ich die Blutspur an den Zylyndern an der Decke entdeckt hatte. Sie ging um mich herum und ich verspürte die seit Monaten schmerzenden Stelle im Rücken plötzlich wieder aufflammen als sie mich nach dem Dolch befragte. Es war ein wildes Hin und Her - Welcher Dolch fragte ich - ich wüsste genau was sie meint - aber da waren doch zwei - ich wüsste schon welchen sie meint - die Schmerzen wallten auf und ab - etwa den aus der Zwergenvault? - erneut die Schmerzen, folterte sie mich? Sie zog den Dolch den ich von Nikodemus hatte hervor - ohne Griffleder, das erste mal sah ich darauf das Enblem von Helfurth." 

Sie glaubte aus mir völlig unverständlichen Gründen, ich gehöre gar zu Lobissers Leuten und folterte mich weiter um herauszufinden wem nun meine Loyaliät galt. Ich beuteurte mehrfach, Dolminger und der Hanse! So quälte sie mich weiter und ich wagte kaum mich umzudrehen, was genau sie da anstellte, mir blieb schlichtweg die Luft weg. In dem Moment, als mir die Namen Nadya und Ser Gregor heraus rutschten, ließ der Schmerz nach und ihre ganze Stimmung schwang herum, das schmerzende, brennende Gefühhl wich zu einem angenehmen Kühl und ich fühlte mich so gut wie Monate schon nicht mehr..."




Als wir jenen antrafen war er zutiefst bestürzt über den kürzlichen Verlust seiner Khuresischen, geschwungenen Klinge, von den goldenen Hunden beschlagnahmt, und nur durch Sabrinas zutun noch auf freiem Fuß und wenigstens noch mit seinem Sylvanischen Dolch bewaffnet. Ich würde bis jetzt gerne wissen was genau ihm widerfahren war, doch der Rattenfänger gab sich wie üblich geheimnistuerisch. Ich vermute er hatte sich zuvor in eine durchaus prekäre Situation manövriert, denn die peinliche Berührt- und emotionale Verwirrtheit, sowie erhöhte Durchblutung war ihm sowohl ins Gesicht, wie in das noch in der Hose aufgestellte Zelt geschrieben.


Adelige, Oligarchen und Operngäste

Wir trafen Christian in der Oberetage der Bader Taverne, die auch unsere Unterkunft für die Nacht darstellte und tauschten uns kurz über das Geschehene aus. Von ihm erfuhren wir, dass es anscheinend schwierig war für niedere Adelige und Würdenträger ohne nennenswerte Reputation oder hinter ihnen stehende Organisationen zu den Logen der höheren vorgelassen zu werden um Gelegenheit zu bekommen, begehrte Kontakte zu knüpfen. Umso anspruchsvoller musste es für uns Hochstapler und sich mit unlauteren Mitteln hier Zugang verschaffter, Unterstegler dobioser Gestallten sein. Syfryds Vorgesetzter Dolminger von der Hanse, die Gerüchten zu folge kürzlich schmerzliche Verluste einiger Schiffe zu beklagen hatte und in relevanz am eher absteigenden Ast anzusehen war, konnte anscheinend ebenso wenig Erfolg anhand Einladungesschreiben zu Unterhaltungen verzeichnen. Der folgende Tag erlaubte es auch den Bediensteten sich unter das Volk des Theaterpublikums zu mischen, somit waren wir angehalten unseren Herren hilfreiche Kontakte oder zumindest Informationen zukommen zu lassen und uns möglichst bedrohlich und abschreckend solange in seinem Geleit, zu geben.

Der nächste Morgen brachte wie immer kalten Wind und generell recht aufgeregte Atmosphäre und Tumult auf der Straße. An der Seite Christians und Dolmingers schritten wir erstmals offiziell durch die Prunkvollen Säulenhallen des Opernhauses und fanden uns in dem von Sitzgelegenheiten zugunsten mehr Platzes für stehende Gäste im Hauptsaal wieder. 

Nach einer kurzen Vorstellrunde der drei Kandidaten, Von Feuerfratz militant und hetzerisch, Von Hohne kalkuliert und abgehoben und Steinitz, charmant und humorvoll, vor dem jungen Erben des Imperators Prinz Oswald, kaum herangewachsen doch würdevoll und pflichtbewusst, war die Agenda des Geheimtreffens offenkundig.

Oswald vong Holswig-Schiestein,
Sohn des Imperators

Seinem Sekretär, dem bereits im Morrstempel angetroffenen Johann Prieß von Quirtenwang, sowie dem vermutlichen Anführer der Gelts Goldenen Hunde in seiner gezackten goldenen Grinsemaske, weiters dem Opernmeister Sierck persönlich und dem schließlichen hinzu tretenden , von mir als der Mann im roten Mantel außerhalb der Barrikade erkannte, berühmte Felix Jäger auf der Bühne, zufolge waren auch folgende Themen und die Deklaration der Kandidaten und deren Absichten und Prioritäten dazu von nicht unerheblicher Relevanz:

So genannte Montorsi Aufsände, ein geplanter Aufenthalt Volkmars in der Stadt und der etwaige Ort seiner Rede an die Bürger, die Untersteger Zerstörung durch den Cursus, der Streit zweier Unbekannter Parteien, den Saponatenheimern und Aschaffenburgern, eine Tiermenschen Bedrohung im Osten und Goblins im Westen sowie die anstehende Hungersnot. Danach begann das weitere Stück zu Sigmars Leben wodurch ironischer und zugleich bedauerlicher weise wich die Aufmerksamkeit wieder von der Bühne. 

Intrigen und Gedichte

Diener, Adelige und Gesandte in den unteren Rängen begannen sogleich sich angeregt kennen zu lernen und einander Stellung und Relevanz abzuschätzen. So verteilten auch wir uns, möglichst weit gefächerte Informationen einzuholen. Zwei Händler, die sich über ein Blaues Haupt des Glücksspiels, wenn ich das richtig verstand und den Fauxpas eines gewissen Erzknickers austauschten, der es dem Nekormanten Edwin Klein erlaubte Zugang zu der Nekropole unter diesem Viertel zu erlangen, ließen mich gleich, mehr als ohnehin schon, die Ohren spitzen. Es musste dabei um Christian gehen. Leider nicht ganz unbemerkt verfolgte ich die beiden und stieß fast in einen Diener, dem ich dankend zumindest sein Weinglas abnahm. Als ich mich mitsamt seiner, ihm für seine Diskretion mit Silber abgekauften Schürzen-Serviette von dem vorgespielten Maleur abtupfte um die Situation zu normalisieren, gelang es mir, mich fortan damit als Kellner "getarnt", weiter durch die Bediensteten Gänge auf die Verfolgung zu machen. Schließlich in einem kleinen Personenlift, mehr Weidenkorb als massive Metallkonstruktion dieses mal, parallel zu jenem der beiden Klatschmäuler konnte ich mehr belauschen:


Johann Preiss vong Quirtenvaang,
Berater am Hof
Keiner erwarte laut den beiden, dass von Quirtenwang sich weiter im Untersteg einmischt und dem Erzknicker mehr hilft, er solle das Gesindel nicht aufstacheln. Zusammenhanglos konnte ich etwas von Ottilinischer Herrschaft aufschnappen und, dass der Speckbube, vermutlich ebenso ein Name für Christian, es auf den verdächtig abwesenden Fillinger abgesehen habe, soviel wusste ich, traft wirklich zu, bedenklich jedoch wie schnell sie es gehört hatten. Sie erwähnten eine Bleiche Gilde und Fassschwefler, womit ich bislang noch nichts anzufangen weiß und ebenso, dass wenn Christian sich nicht gegen die Stadtregierung durchzusetzen wusste sie ihn umbrächten. Ebenso schien Christians Auftritt mit einem Dungwagen nicht nur als spöttische Untersteger Eigenwilligkeit aufgefasst, sondern als Verbindung zu Sindelfingen gewertet worden zu sein. In einer der höheren Logen angekommen, verabschiedeten sie sich von einander, der Kapuze Tragende wollte sich Dolminger "vornehmen" der verbliebene ausstaffierte Rotbart mit dem Seitenscheitel blickte sich noch nach einem gewissen, lästigen "Elfischen Spitzels Kufners" um und erspähte mich, offensichtlich Zeuge ihrer gesamten Unterhaltung in dem zweiten Lift. Wie auf mein Stichwort trat ich, meine Ertapptheit überspielend, spontan doch gezielt vor und überreichte ihm nur kurz angebunden und mit vielsagendem Augenkontakt "Grüße von meinem Herren" entrichtend das zur Tarnung mitgeführte Weinglas. 

Mein fehlendes Metzgerbeil juckte mir wie eine amputierte Gliedmaße an der Hüfte und die Prothese des weniger auffälligen Knüppels war einfach nicht das selbe, so sehr sie mich durch das spürbare Gewicht und das agitierende Wippen bei jedem Schritt auch motivierte eingesetzt zu werden. Noch nicht. Irgendwie begann mir diese passivere Form der Einschüchterung nicht schlecht zu gefallen. So mussten sich die Intrigenschmiede am Hof des Phönix aus den Gedichten fühlen.

Den wie angewurzelt das Glas haltenden, schwitzenden, später erfuhr ich Wieland Parler oder so ähnlich sein Name, zurücklassend, mischte ich mich mit dem Puls eines Rennpferdes geladen und mich wie ein Wolf im Seidenanzug fühlend wieder unter die Höflinge der unteren Ränge. Sofort kam ich übliche Zurückhaltung und Verlegenheit vergessend mit einer Gruppe leicht angetrunkener junger Adeliger ins Gespräch, die gierig auf den ungeöffneten Tiranocischen Roten schielend den ich vor ihnen beiläufig auspackte und streiechelte, nur so an meinen Lippen hingen. Blumig rezitierte ich das, mir kürzlich in Erinnerung zurückgekehrte Gedicht über einen Etainischen Hofdiener, der sich trotz unspezifischer Absammung jedoch mit geschickter Manipulation und Intrigen das Kommando über eine Armee sicherte. Ich bezweifle, dass sie mehr als jedes zehnte Wort in Eltharin verstanden, so gebildet sie auch schienen, doch erfuhr ich von ihnen im Ausgleich wertvolle Gerüchte zu den Logen. Wo der Sohn des Imperators, Sierck selbst, sowie weitere Würdenträger genau oben untergebracht waren. Gut zu wissen, sollte ich dem jungen Oswald doch irgendwie noch, so unmöglich es auch schien, nahe genug kommen um den Mukus an ihm aufzutragen. Eine irrwitzige Aussicht über die ich gar nicht zu genau nachdenken wollte.

Karl und Syfryd, die sich unterdes ebenso unter das Volk mischen wollten und dabei trotz Karls akrobatischer und Tiere abrichtender Unterhaltungskunst wenig Erfolg verzeichneten, beobachteten mich nur irritiert.

Vater Gramlich in den Hallen des Theaters

Meinem für ihn und somit uns bedrohlichen Bericht lauschte Christian nur mit einem wissenden Grinsen. Er war sich seiner Lage und seinem hohen Spieleinsatz mehr als bewusst, mehr noch, er drängte mich und Karl sogleich weiter, spezifisch Kontaktpersonen zu einem Gewissen Gramlich herzustellen. Jener alte Sigmar Kultistenführer war dieser Tage scheinbar recht begehrt und eine Audienz bei ihm wäre ein wichtiger Teil in Christians komplizierten und fragilen Kartenhaus der Bluffs und Inszenierungen. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen