Freitag, 2. Juni 2023

Nel campo dei barbari - ospite o prigioniero? - Himmelspfeiler 2

Täglich treffen sich die "Letzten Menschen" in ihren Zelten um aktuelle Entwicklungen zu bereden

Stumm saß Vino neben Oberon am Lagerfeuer der Ihnen zur Verfügung gestellten Hütte. Wobei zur Verfügung gestellt nicht bedeutete, dass man irgendeine Privatsphäre oder eigenen Besitz, ausgenommen jene Dinge, die man am Körper trug, erwarten konnte. Diese Konzepte waren den Barbaren fremd, man nahm sich was man brauchte, und alles andere wurde ohne zu Zögern weitergegeben. Kein Konzept von Schuld oder Eigentum. 

Schuld. Fast musste der geschundene Tileaner neben dem nicht minder schwer angeschlagenen Elf schmunzeln. Kilian hatte ihm noch ein paar Silberlinge geschuldet. Doch die würde er nicht wieder bekommen. Ein Kloß bildete sich in Vinos Hals und hastig wischte er eine Träne beiseite als er der vergangenen Tage und Strapazen gedachte: Sie waren gerade erst dem Troll und den Wölfen entkommen und hofften, schnell das Lager der Barbaren zu erreichen. Mittlerweile hatten Sie erfahren dass sich der Kämpfertrupp bestehend aus Adalwin, Dagwin, Berengar und Arnulf sich Brouws nennt. Scheinbar eine Eigenbezeichnung für die mächtigeren unter ihren Kriegern. 

Die Hoffnung auf eine sichere Zuflucht in der Nähe war schnell der Ernüchterung gewichen. Es waren mehrere Tagesmärsche durch Eis und Schnee im Gebirge, bis das Lager erreicht werden würde. Die Kommunikation mit den Brouws war schwierig, denn sie sprachen kein Reiksspiel. Nur ein bisschen Khazalid von Harad verstanden sie. Kilian sprach, wenn auch einen anderen Dialekt, ihre Sprache bruchstückhaft und stotternd. Alle waren recht ruhig geworden. Gesten und gelegentliches Brummen reichten aus, um uns den Weg zu weisen. Man wollte niemanden auf uns aufmerksam werden lassen. Nessimon verschwand immer wieder in die Wälder, sein Falke immer bei oder über ihm, um die umliegenden Gebiete zu erkunden. Auch einer der Barbaren mit dem Namen Berengar entzog sich immer wieder den Blicken der anderen und verließ die Gruppe. Interessanterweise schnallte er sich davor zwei hölzerne Latten an die Stiefel, sodass er leichter über den Schnee gleiten konnte. Bisweilen schaffte er sogar in recht ansehnlicher Geschwindigkeit die Hänge hinab zu rutschen. Vino war fasziniert, auch wenn man das, ob seines erschöpften und ausgemergelten Gesichtsausdruckes, nicht recht glauben mochte. 


Val Arnulf Kilma, Adalwin Konori, Van Dagwin und Berengar Lundgren - Die Brouws

Tag für Tag schleifte die Expedition mit nunmehr barbarischer Begleitung den Ballonkorb hinter sich her. Vino und Oberon mussten sich immer wieder hinein legen, um nicht vor Erschöpfung zu kollabieren. Unnützer Ballast war er geworden, dachte Vino bei sich selbst, als plötzlich ein Kreischen des Falken Nessimons durch die kalte Bergluft schallte. 

Die Barbaren waren sogleich alarmiert und postierten sich etwas abseits des Korbes auf der anderen Seite eines zugefrorenen Bächleins. Elvino stand neben dem Korb, neben ihm befand sich Kilian. Oberon und Harad suchten den Schutz einiger Bäume. Die Situation war noch unklar, was hatten die Barbaren und der gefiederte Begleiter des elfischen Kundschafters entdeckt? Ein grelles Lachen durchschnitt das Pfeifen des Windes.

Was lauert im Unterholz?
“Boga”, brummte der Zwerg nur. Damit waren wohl Grünhäute gemeint, dachte Vino. Er erwartete marodierende Orks. Oftmals hatte er die Geschichten am Feuer der Söldnertruppen gehört. Doch es kam anders als er erwartet hatte. Ein Gefährt, welches entfernt an einen Streitwagen erinnert. Jedoch viel kruder gebaut und auch kleiner. Besetzt war es mit diabolisch kichernden und johlenden Grünhäuten. Diese waren aber nicht viel größer als Säuglinge und es fanden sich gut ein halbes Dutzend in dem Konstrukt. An Stelle von Rädern hatten die Snotlings, deren Bezeichnung er erst später erfuhr, eine Art Mühlrad angebracht, welche den Schnee mit ledernen Planken unter dem Gefährt weg schaufelte. An der Vorderseite war eine Art Prellbock mit angespitzten Holz- und Eisenstacheln bewehrt. Eine einzelne dieser Kreaturen wäre vermutlich nichts weiter als ein lästiges Ärgernis gewesen, selbst im derzeitigen Zustand der Truppe. Doch im Verbund und auf diesen doch gefinkelten Tötungsmaschinen waren sie allemal ein nicht zu unterschätzender Gegner.

Die Anfahrt wirkte erst behäbig und ungefährlich, aber sobald das Gefährt eine gewisse Geschwindigkeit aufgenommen hatte, schien es sich zu erheben und sich aus dem Tiefschnee freizuschaufeln. Recht unverhofft beschleunigten die Angreifer das Vehikel in Richtung der Überreste des Ballons und nahmen dabei keine Rücksicht auf Verluste. Einer der seitlich platzierten Snotlings wurde hinaus geschleudert, doch dies schien niemanden zu stören. Im Gegenteil: Es war, als würde es ihnen Freude bereiten, Chaos und Furcht zu verbreiten. Ganz gleichgültig ob Freund oder Feind davon betroffen war.

Der Kampfesmut und die Aufregung ließ Vino kurz seine Schmerzen verdrängen, wenngleich er auch behäbiger und langsamer wirkte als zu besseren Zeiten. Kilian näherte sich dem Ballonkorb an und auch Vino dachte, dass die erhöhte Position am Besten zu verteidigen wäre und auch die beste Chance bot, die Angreifer auszuschalten.

Bevor der erste Schwertstreich gezogen war, erkannte der Söldner, zu seinem Erstaunen, dass es insgesamt ein halbes Dutzend dieser Gefährte waren, die auf den versprengten Trupp zu steuerten. Immer das gleiche manische Kichern und freudiges Geschrei in einer fremden Sprache. Zwei der Wägen hielten auf Kilian und Vino zu. Einen davon konnte Vino mit einem gewaltigen Schwerthieb entzwei schlagen und dabei wurden die grünhäutigen Passagiere außer Gefecht gesetzt.

Noch bevor er sich nach seiner wütend ausgeführten Attacke neu orientieren konnte, musste er vom Korb hinabspringen. Einer der Wägen hielt direkt auf seine Position zu, schneller als die Angreifer zuvor. Der Schnee knirschte unter seinen Beinen, als er aufkam. Vino konnte nicht mehr reagieren, während die Snotlings schlichtweg durch den ohnehin schon lädierten Boden des geflochtenen Ballonkorbs hindurchbrachen. Splitter zwangen den Tileaner dazu, sich den freien Arm vors Gesicht zu halten. Als er seinen Blick wieder auf das Geschehen richtete, sah er das blanke Grauen. 

“Oberon, hast du schon einmal einen Säugling gesehen, der einen Tobsuchtsanfall hat, und darüber vergisst, Luft zu holen? Sodass seine Lippen und sein Gesicht ganz blau werden”, sprach der Tileaner nachdem er sich die Tränen am Lagerfeuer weggewischt hatte. 

“Ab und an musste ich als Knabe auf die jüngeren Kinder der anderen Mägde und Knechte am Hof acht geben, während sie ihr Tagwerk verrichteten. Einmal hatte ein Kind sich so über seine fehlende Mutter gegrämt, dass er wie am Spieß schrie, und dann plötzlich war Ruhe.

Ins Gesicht war sein Entsetzen festgehalten wie in einer tileanischen Marmorstatue, doch nach bangen Momenten rang der Bub weiter nach Luft und zu meiner Erleichterung beruhigte er sich nachdem er begriff, dass die Mutter wiederkehren würde”, sprach Vino noch bevor der Elf ihm antworten konnte. “Ich glaube, Kilian wollte auch nach seiner Mutter rufen, als ihn der Snotlingwagen in zwei Stücke riss. Ich sah die Angst in seinen Augen. Aber sein Gesicht war ebenso zu Stein erstarrt gewesen wie das des Knaben damals, mit dem Unterschied, dass kein Atemzug je mehr seine Lungen erreichen sollte. Die hingen nämlich zerfetzt von den Resten seines Oberkörpers hinab. Wäre ich doch nur schneller gewesen. Dann hätte ich ihn beiseite ziehen können, oder den Wagen zerstören. Dieser verfluchte Ballon, er sollte uns schützen und hat uns nur Unheil gebracht. Wenn Kilian zumindest gesehen hätte, was auf ihn zukam. Ich glaube, er wollte auf den Korb klettern, als sie ihn erwischten. Bei Morr, ich hoffe es war schnell vorbei”, sprach er und drehte sich beschämt ein wenig weg von Oberon, um seine Tränen wegzuwischen. Oberon erklärte, dass er nichts mehr für Kilian tun konnte, außer ihn zu trösten, und erklärte dies anhand anatomischer Feinheiten über den menschlichen Körper, wenngleich sein Zuhörer schnell das Interesse verlor.

Nicht nur die Überreste des Ballons und der Kurbelwägen am Rande des Gebirgstals liegen brach im Eis

Den Kampf mit den Snotlings hatten sie zwar gewonnen. Die beiden hier waren der lebende Beweis. Doch Kilian war aus ihrer Mitte gerissen worden. Die Brouws hatten mit einem anmutig wirkenden Kampfstil den Rest der Angreifer zerstört, lediglich der Wagen welcher Kilian erwischt hatte, wurde samt Besatzung von Vino vernichtet. Das Geschehen um ihn herum war nach dem Tod seines Gefährten verschwommen und diffus geworden. Das mag auch der Anstrengung geschuldet gewesen sein. Zu sehr hatte er seinen Körper beansprucht, zu strapaziös alle Bewegungen in den Himmelspfeilern und zu frisch seine und die Wunden seiner Kameraden.

Glücklicherweise erreichte Sie an diesem Ort im Tal, eine Stunde darauf, und nicht ohne den Fischersmann aus dem Norden vorher ordentlich zu begraben, der Wagenzug von über 100 Barbaren, inklusive Frau und Kind. Die Wochen verflogen und alle kamen nach und nach wieder zu Kräften. Von Harad sah man wenig in diesen Tagen er schien immer damit beschäftigt entweder den Ballonbefeuerungsmechanismus instand zu setzen, oder er half den Barbaren mit seinen handwerklichen Fähigkeiten weiter.

Vinos Umgang mit "Ski" wird immer versierter
Oberon und Vino kamen erstaunlich schnell wieder auf die Beine. Einerseits gewohnten sie sich an die Höhenlage, andererseits half die wohlige Wärme der Lagerstatt und das nahrhafte Essen. Täglich gab es eine Art Eintopf, welcher alle verwertbaren Teile der erlegten Tiere enthielt und selbst das Fell diente als Ersatz für einen Kochtopf. Eine mittelgroße Grube war ausgehoben worden und diese mit einem großen Fell ausgelegt, sodass die Flüssigkeit darin gefangen war. Erhitzt und warm gehalten wurde das ganze mit im Feuer aufgeheizten Steinen, die glühend heiß waren. Das Zischen der beständig hinzugefügten Steine verbreitete einen verführerischen Duft, welcher die Hütte ausfüllte. Darüber hinaus gaben Sie dem Eintopf einen angenehmen mineralischen Beigeschmack, fast eine leicht salzige Note. In den drei Wochen hatte sich der Tileaner noch nicht daran satt gegessen, obwohl jeden Tag zu den Resten vom Vortag neues Wildbret gegeben wurde. Ihm schien es gar, als würde der Geschmack über die Tage intensiver und besser werden. Nach der ersten Woche war er bereits so kräftig geworden, dass Vino gemeinsam mit Berengar auf Streifzüge gehen konnte. Sie verwendeten dafür die Holzlatten, von den Barbaren nur Ski genannt, um sich im Schnee fortzubewegen. An manchen Tagen erkundeten die beiden nur die Umgebung. Schritt um Schritt kämpften sie sich durch die Schneelandschaft. Sofern sich die Gelegenheit bot, jagten sie nach Tieren und waren dabei nicht wählerisch. Die Fauna war erstaunlich ergiebig und alles, was essbar war, wurde versucht zu erlegen. Seit mehreren Tagen waren sie aber damit beschäftigt, Lawinen auszulösen. Harad hatte ihnen explodierende Stangen mitgegeben, welche die Schneebretter auslösten und dadurch die Spuren der Barbaren verwischte. Sie hatten immer noch panische Angst vor den Schatten. Auch wenn keiner so recht erklären konnte, was denn das überhaupt war. Mittlerweile konnte Elvino sich akzeptabel auf den Skiern fortbewegen, wenngleich ihm Berengar ehrlich wie Barbaren eben waren, immer wieder lachend aushelfen musste. Doch war es nie so, als würde er ihn von oben herab behandeln.

Wildtiere in den Himmelspfeilern:
keine Seltenheit
Oberon berichtete auch von ähnlichen Streifzügen mit Dagwin. Meistens waren sie auf der Jagd so schilderte er, doch es wurden auch bereits neue Lagerplätze im Osten ausgekundschaftet oder gar vorbereitet. Dort sollten laut Nessimon allerdings die Lindwürmer brüten. Keine einladende Gegend, wie überall in den Himmelspfeilern. In den ersten Tagen hatte Harad - er konnte sich auf Khazalid mit Sehan Konneri dem Häuptling und dessen Sohn Adalwin verständigen - erfahren dass es in der Nähe Zugänge zu Vaults gab. Der Wanderer, eine barbarische Mythengestalt, soll dereinst zu Zeiten Sigmars durch diese Gebirge gezogen sein und die Stätten dürften kurz nach seinem Aufenthalt zu seiner Huldigung hier erbaut worden sein. Wichtige Orte des Glaubens waren es wohl für diese Wilden. Es war eine faszinierende Kriegerkultur die der Expeditionstrupp kennenlernte. Nichts wurde verschwendet. Eigentum oder Besitz gab es nur für den Stamm als Ganzes, abgesehen von den Waffen, genannt “Sheit”, wurde alles geteilt. Die Frauen waren wehrhaft und beteiligten sich an beinahe allen Tätigkeiten. Auch war es so, dass der Stamm sich oft fast vollständig den nötigen Aufgaben widmete. Anfänglich wurde wohl das Lager errichtet, dann wurde gekundschaftet und Nahrung gesammelt beziehungsweise gejagt und zubereitet.

Die Frauen der Barbaren:
harte Jäger mit wenig Charme

Mittlerweile schien es so, als würden Vorbereitungen getroffen, um weiter gen Osten zu ziehen. Dies bedeutete auch, weiter weg vom Eingang zu den Stätten des Wanderers. Diese würden, so die Hoffnung der Expedition, mit den unterirdischen Tunneln der Zwerge verbunden sein und einen Weg nach Karak Izor oder in andere sichere Gefilde bieten. Eine Überquerung an der Oberfläche schien ohne Ballon ganz und gar ausgeschlossen. Vino betrat seine Schlafstatt als Oberon ihm aufgeregt von einer Bärenattacke berichtete, welche Dagwin und ihn zuvor überrascht hatte. Nach einer längeren Besprechung zwischen Nessimon, Chicco, Harad, Oberon und Elvino beschlossen diese, noch einmal mit Adalwin oder direkt mit Sehan zu sprechen. Natürlich hatte der junge Tileaner dabei von seiner heutigen Lawinenmissionen erzählt, bei welcher er beinahe von einem Schneebrett verschüttet worden wäre und nur durch sein unheimliches Geschick war er, wie schon so oft, glücklich davon gekommen. 

Das Fazit der vorangegangenen Diskussion war, dass es an der Zeit war die Truppe gehen zu lassen. Nach ihrem Dafürhalten hatten sie ihre Schuldigkeit getan und jeder Schritt weiter in den Osten brachte sie näher an die Lindwürmer, während sie weiter weg von ihren Zielen gelangen würden. Doch offenbar hatte der Zwerg dem Häuptling gegenüber die falschen Worte gebrummt. Man verstand nichts, doch auch so war klar, dass die Situation kurz davor war zu kippen. Einer der Barbaren baute sich bedrohlich vor der Truppe auf und griff seine Waffe. Harad blieb, stur wie ein Bock, unbeeindruckt von dem Schauspiel stehen und erklärte verärgert, dass die Expedition das Lager weiter begleiten müsse. 

Jegliches Intervenieren war schon allein aufgrund der sprachlichen Barrieren zum Scheitern verurteilt. Wenn zumindest Kilian da wäre, um direkt auf Barbarisch zu übersetzen. Geknickt verließen sie das Zelt des Stammesführers und zogen miteinander diskutierend davon. Während die einen für einen Verbleib bei den Barbaren waren, dachten die anderen, es sei besser sich des Nächtens davon zu stehlen. Bevor aber noch eine Entscheidung für diese oder jene Strategie gefallen war, betrat Adalwin der Sohn von Sehan die weitaus kleinere Hütte, in welcher Oberon und Vino hausten. Er sprach in einem Wechsel aus gebrochenem Reiksspiel und Khazalid mit Harad und der Gruppe und erklärte, dass wohl eine Nachhut für den Stamm gebildet werden müsste. Zuvor müssten die Brouws die Gebiete im Westen erkunden, doch wenn sie zurück wären, könnte er die Fremdlinge, formal betrachtet noch als Teil des Stammes, zurücklassen, um etwaige Verfolger aufzuhalten.

So konnte er dem Wunsch der Expedition entsprechen, gen Westen zu ziehen, ohne direkt die Anweisungen seines Vaters, des Häuptlings, zu missachten. Der Vorschlag schien besser als alle anderen Varianten, wenngleich die Diskussion immer wieder aufflammte, so brachen doch die vier Krieger Berengar, Adalwin, Dagwin und Arnulf vor Anbruch des Tages auf, um im Westen zu kundschaften.

Ungewöhnlich geschäftig war das Lager am nächsten Tag, alles was mitgenommen werden musste, verlud man auf die Ochsenkarren. Die letzten Knochenstücke wurden in den Feuerstellen verbrannt, der letzte Eintopf aufgebraucht.

Sehan Konnori trifft sich jeden Morgen
mit den Edelsten der Wilden
um die heiligen  Schwertformen zu üben
Die morgendlichen Übungen der Barbaren waren für Vino ein vertrautes Ritual geworden. Sofern er sich im Lager befand und nicht vor Anbruch des Tages aufgebrochen war, versuchte er zuerst beobachtend, später teilnehmend die geschmeidigen Bewegungen der Barbaren nachzuahmen. Die ersten Male wurden ihm die Arme schnell bleiern und schwer, obwohl die Abläufe der Wilden so mühelos, sondern gar kunstvoll wirkten. Erst wenn man selbst probierte, die stets zum Konter bereiten und dabei dennoch leichtfüßig choreographieren Abläufe der Übungen nachzuahmen erfuhr man am eigenen Leib, welche Konzentration und Ausdauer dafür erforderlich war. Über die Tage und Wochen gelang es ihm sukzessive immer besser, die Routine sein eigenes Repertoire zu übernehmen und es den Stammesmitgliedern gleich zu tun. Sehan beobachtete mit einem verächtlichen Schnauben, dass er beim Abschluss der fast an einen Tanz erinnernden Bewegungsabfolge aus dem Gleichgewicht geraten war. Seine Klinge wollte nicht so recht den Weg zurück an den ledernen Gürtel finden und mit zitternden Händen musste er einen Ausfallschritt in den Matsch vollführen, um nicht umzufallen. Es würde wohl noch einige Zeit benötigen, um diese Kampfhaltung in Fleisch und Blut übergehen zu lassen.

Recht unverhofft trat Sehan an die mittlerweile versammelte Runde heran. Die anderen hatten heute, in Ermangelung anderer Aufgaben, länger als gewöhnlich ausgeschlafen. Nur Elvino hatte nicht mehr so recht schlafen können, vielleicht waren die Träume, die Morr ihm dieser Tage schenkte, keine erbaulichen.

Er sprach recht mürrisch, soviel konnte man seinem Gesicht entnehmen, mit Harad und erläuterte, dass die Brouws aufgebrochen waren, um im Westen zu kundschaften. Diese Tatsache war der Gruppe natürlich bekannt, jedoch hätten sie, bei planmäßigen Ablauf der Tour, schon längst wieder zurückkehren müssen. Doch es fehlte tatsächlich jede Spur von ihnen, dies war auch darauf zurückzuführen, dass sie niemandem Hinweise auf ihre oder die Position des Lagers hinterlassen wollten. Grimmig dreinblickend und offenbar widerwillig brummte er zu Val Khilmar, dass dieser die Neuankömmlinge begleiten sollte. Er schien davon wenig begeistert, doch dem Stammesführer widersprach niemand. Sehan war ebenso unzufrieden mit der Situation, doch der Zug nach Osten war nicht mehr aufzuhalten, und er konnte keine weiteren Krieger, abgesehen von Val, entbehren. So blieb als einzige Option nur die aufgepäppelte Expedition, die ohnehin in den Westen wollte.


Im Lager wird zusammengepackt.
Auch die Charaktere verabschieden sich von diesem Ort

Vor seinen Wünschen sollte man sich in Acht nehmen, lautet ein tileanisches Sprichwort und schnell zollte die Runde dem anstrengenden Weg nach Westen Tribut. Insbesondere Harad hatte im tiefen Schnee Probleme voranzukommen, auch wenn er es sich niemals anmerken lassen würde. Alle anderen waren ebenso erschöpft und man musste sich langsam Gedanken um einen sicheren Lagerplatz für die Nacht machen. Bewusst waren sie in den Wäldern und Bäumen geblieben, dieser Weg war wohl länger und beschwerlicher als die direkte Route, doch er erforderte keine waghalsigen Klettereien und schützte sie vor neugierigen Blicken all jener die ihnen auf den Pelz rücken wollten. Umgekehrt war es aber auch so, dass sie etwaige Angreifer erst recht spät erkennen konnten.

Wunderschön doch schreckenerregend: Die tiefen Täler der Himmelspfeiler

Ein Heulen kündigte Mannsleib am Firmament an. Wölfe waren in der Nähe, vielleicht einen Marsch von einer Stunde entfernt, für einen Mensch im Schnee. Also nahe genug, um die Witterung früher oder später aufzunehmen. Alle trieften nur so von Schweiß unter ihren dicken Kleidungsschichten. Die Erinnerung an vergangene Attacken der Wolfsrudel war noch frisch eingebrannt, in die Erinnerung aber auch in den Körper von Elvino und Oberon. Dieser war besonders schlimm erwischt worden und die Anspannung trieb ihn zu höchster Wachsamkeit. Sein dunkles Auge erspähte in der Ferne ein Rudel von Wölfen. Acht Stück an der Zahl. Wenn er sie sehen konnte, konnten sie uns bestimmt schon wittern. Es blieb nicht viel Zeit, sich eine geeignete Verteidigungsposition zu suchen…

Wölfe, noch die geringste Gefahr in den Himmelspfeilern,
wo "Schatten" ihr Unwesen treiben

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