Dienstag, 23. Januar 2024

Schiavi delle ombre - Himmelspfeiler 5

So unverhofft und jäh die erschöpfte Truppe den Söldner Corvo kennen gelernt hatte, so prompt würde dieser die Gruppe auch wieder verlassen. Er war ein Mitglied von Catrazzos legendärem Vogelmenschenregiment. Kampferprobte Krieger die sich mit Lederkonstruktionen, welche mit Holz versteift wurden, in die Lüfte erheben zu vermochten. Aufgrund der Tatsache, dass es sich um fliegende Menschen handeln sollte, hatte Vino die Geschichten über solche speziellen Söldner immer als Ammenmärchen, welche seine Mutter Rimona ihm ab und an erzählt hatte, abgetan. Nun stand ein wahrhaftiges Mitglied, wenn auch ausgemergelt durch den strapaziösen Aufenthalt in den Himmelspfeilern, vor ihm und berichtete von den Schatten, auf tileanisch “Ombre”.

 Kritisch beäugte er die zwei elfischen Gruppenmitglieder Oberon und Nessimon, und hatte auch für den Assassinen der kriminellen Valantinas namens Chicco ein paar abfällige Wörter übrig. Auch die Barbaren Valkilma und Van Dagwin waren ihm offensichtlich suspekt. Doch Vino war ein Söldner wie er gewesen, wenn auch bodenständiger, und dies ließ er ihn auch durch seine herzliche, tileanisch-väterliche Art spüren. Er berichtete von aufgescheuchten Lindwürmern welche von den Schatten in Aufruhr gebracht wurden und genau deswegen vermutlich alle Flugobjekte in den Himmelspfeilern attackieren, nämlich nicht nur den Ballon welcher die Expedition erst hierher in die eisigen Gipfel gebracht hatte, sondern auch die Vogelmenschen hatten unter ihren Attacken gelitten. Sie und die Ombre hatten gleichzeitig die Vogelmenschen in die Flucht geschlagen.

Corvo, Mitglied der legendären Vogelmenschen Tileas

In aller Kürze konnte Corvo darlegen, dass die Schatten, von den Barbaren nur Skugatin genannt, wohl zumindest ein Quartett waren. Es dürfte sich um einen schwarz gerüsteten Reiter auf einem mächtigen Kriegsross handeln. Ein weiteres Mitglied soll sich der verdorbenen Chaosmagie bedienen. Während der Tileaner noch wichtige Informationen an seine Landsleute weitergab und Oberon diese auf Reikspiel übersetzte, hatte dieser in der Ferne einen Trupp Orks erspäht, welcher Baumstämme herum schleppte. Die Grünhäute waren in Ketten gelegt und schienen von einer nicht sichtbaren Gestalt angeführt worden zu sein, so zumindest die Warnung des Spitzohrs. Corvo fuhr fort, dass es einen Albino, so nannte man jemanden, dessen Haut weiß wie Schnee war, unter den Schatten gab. Vino befand dies einen gänzlich unpassenden Namen. Der letzte Schatten soll es sogar geschafft haben einen Drachen oder Lindwurm, der Unterschied war dem jungen Tileaner nicht ganz gewahr geworden, zu unterjochen. Diese mächtige Kreatur trug seinen zweifelsohne mächtigen Reiter durch die Lüfte, welcher das unheilvolle Quartett vervollständigte.

Drei Schatten lernen den Himmelspfeilern das fürchten

Er erzählte auch davon, dass die Schatten miteinander in Verbindung stünden. Sodass die Vier ein Bewusstsein für die Erlebnisse der jeweiligen Gefährten haben. Also musste man schnell handeln, denn ansonsten musste man stets mit Verstärkungen rechnen. Bereits jeder Ombra für sich schien gefährlich genug. Doch zumindest hatte die Truppe einmal eine genauere Vorstellung, womit sie es zu tun bekommen würden. Bevor er sich, so sah es zumindest aus, in den sicheren Tod stürzen wollte, sicherte Corvo der Expedition zu, dass er für eine Ablenkung sorgen würde. Unbekümmert ließ sich der Vogelmensch kopfüber den steilen Abhang hinab fallen, nahm eine halsbrecherische Geschwindigkeit auf und mit kräftigen Schlägen seiner ledernen Flügelkonstruktoin erhob er sich über die Talsohle des Alrasistatals in den Himmelspfeilern.

Im Tal bewegt sich etwas

Die Blicke folgten gebannt, dem fliegenden Söldner und dabei konnte man es im Tal gut erkennen: Die Grünhäute waren unterwegs in Richtung der Truppe, die gerade noch den Troll bezwungen hatte. Mehr als ein Dutzend muskelbepackte und mordlustige Orks wären für das Fortkommen der Expedition sicherlich abträglich gewesen, wenngleich die Barbaren, wie immer, kämpfen wollten. Dagwin hatte sogar angeboten, sich heroischerweise den Verfolgern alleine in den Weg zu stellen, um diese aufzuhalten, doch glücklicherweise schien ihm Myrmidia gewogen und er überdachte seine suizidale Verzögerungstaktik.

Ein Trupp Orks

Mit schnellen Schritten und doch von der Erschöpfung wackeligen Beinen versuchten sie möglichst viel Distanz zwischen die Verfolger und sich zu bringen. Das Ziel war klar, nämlich das ehemalige Dorf der Wilden, und die noch weiter oben am Hang liegende Vault, welche als eine Art heilige Stätte oder Tempel für die ersten Menschen der Alrasista diente. Zumindest tat sie das, bevor die Schatten, von Dagwin und Valkilma nur ehrfürchtig als Scugatin bezeichnet, welche die Bewohner der Himmelspfeiler vertrieben hatten. Dabei waren es doch gerade deren Altvorderen, welche den Eingang der Vault zu religiösen Zwecken nutzten. So etwas wie Priester oder primitive Geistliche, so ganz klar war es keinem begreiflich, denn die Sprachbarriere war immer noch zu groß. Wenngleich Oberon in jeder freien Minute Vokabel und dergleichen notierte und sich darüber hinaus in sein sprachlich versiertes Hirn einzuprägen vermochte.

Weiter hinten im Tal ertönte ein dumpfer Knall, vermutlich war dies das Ablenkungsmanöver Corvos. Kurz darauf meinte Nessimon auch noch einen Drachen in der Ferne vernommen zu haben. Was würden noch für Gefahren in diesem Gebirge lauern?

Der Schneefall nahm zu und man konnte zwar die eigene durchgefrorene Hand vor Augen nicht mehr richtig sehen, aber dies bedingte auch, dass die Grünhäute, sofern Sie überhaupt die Verfolgung aufgenommen hatten und sich nicht über den Troll- und die Wolfskadaver her machten, die Spur im Schnee leicht verlieren konnten. Auch war unklar geblieben, ob der Knall die gewünschte Ablenkung bewirkt hatte. Beschwerlich war jeder Schritt geworden, seitdem die Expedition die Eishöhle hinter sich gelassen hatte. Immer wieder brach man durch den Firn ein und versank bis zum Gemächt in den Schnee ein. Der Wind peitschte dicke Schneeflocken quer durch das Sichtfeld der erschöpften Truppe. Was die Orks wohl hinter Ihnen vorhatten? Oberon hatte eine weitere Gestalt erwähnt , die fast unbemerkt an der Spitze der Grünhäute gestanden war. Diese trugen Baumstämme oder dergleichen durch die unwirtliche Gegend. Der tileanische Jüngling wusste so gut wie nichts über Grünhäute, aber dieses Verhalten schien ihm dennoch etwas zu konstruktiv für dümmliche Orken. Aber wer konnte schon ahnen was in solchen primitiven Geistern vorging.

Die Gedanken des Söldners wurden jäh unterbrochen. Unbemerkt aufgrund des Schneesturms war die Expedition mitten in ein halbes Dutzend an… 

… was bei allen Göttern waren diese – Menschen? … gelaufen.

Ein Kampf im dichten Schneegestöber gegen die ausgemergelten Lakaien der Schatten

Fast unbewusst war das Schwert gezogen, das kalte Heft fest umklammert. Auf tileanisch brüllte Vino noch gegen den Wind an, die Personen mögen sich ergeben. Doch die verstümmelten Charaktere, vollkommen Ihrer Menschlichkeit beraubt, sofern sie überhaupt einmal welche waren, konnten oder wollten nicht reagieren. Die in Felle gekleideten Angreifer stürmten mit kruden Knüppeln und anderen Schlagwerkzeugen auf die Expeditionsteilnehmer los. Ein garstiger Anblick wurde geboten. abgetrennte Nasen, die vernarbte knöchernen Öffnungen des Schädels freigaben. Ein ähnliches Schauspiel boten die Ohren, die Augenlider ebenfalls zurechtgestutzt. Vermutlich waren Ihnen die Stimmbänder herausgeschnitten worden, denn keine Wörter drangen durch ihre Kehlen.. Unwillkürlich wurde der Junge aus Tilea an seinen Freund erinnert. Berengar war vergleichbar zugerichtet, doch er war nicht mit dem Leben davongekommen. In diesem Moment fragte sich Elvino de Fuero, ob dies nicht das barmherzigere Ende für diesen mächtigen Krieger gewesen war und die Wut stieg im Tileaner hoch. Seine Kameraden machten kurzen Prozess mit den ebenso überraschten Verstümmelten. Der Zorn überkam Vino und er erlöste einen der Gepeinigten, indem er ihn schlichtweg in zwei Teile spaltete. Wer auch immer Berengar und vermutlich auch diese armen Seelen so zugerichtet hatte, würde dafür büßen. Myrmidia würde seinen Schwertarm zum Sieg führen und so würde er Verena Genüge tun und für Gerechtigkeit sorgen.

Fast wurde der Lärm des Scharmützels vom Schneetreiben verschluckt und es dauerte nur wenige Momente, ehe die schlecht bewaffneten Angreifer ausblutend im Schnee zu liegen kamen. Erst dann wurde allen klar, dass diese Anhäufung an Menschen, fast waren sie nicht mehr als solche zu erkennen, wohl nicht freiwillig hier gewesen war. Bis auf ein paar Kratzer waren alle unverletzt geblieben, doch dennoch blickten alle betreten auf die Verblichenen vor Ihnen. Es blieb unklar, ob es sich um Tileaner, Barbaren oder überhaupt andere Menschen handelte. Man hatte versucht und dabei reüssiert ihnen alle menschlichen Züge zu rauben. Bishin zur Stimme waren Sie als Individuen ausgelöscht worden, lediglich diese traurige Hülle war von ihren Peinigern belassen worden. Vino sprach ein stilles Gebet an Morr und tröstete sich mit dem Gedanken, dass sie ihnen vermutlich einen Gefallen getan hatten indem sie ihr unsägliches Leiden verkürzten.

Still ob der traumatischen Ereignisse und ob des Schneesturms der alle Geräusche verschluckte, kämpften Sie sich weiter voran. Gerade so konnte man in der hufeisenförmigen Talsohle die Überreste des Alrasista Dorfes sehen. Oberon mit seinen scharfen Augen meinte dort Gefangene und kahle Gestalten zu erkennen. Die den soeben Verblichenen nicht unähnlich waren. Eine schwarz gerüstete Gestalt schien dort auf einem Pferd zu stolzieren, aber auch Grünhäute waren auf den Pfaden in der Siedlung zu sehen.

Weit über dem, nun von schroffen Felsformationen, abgeschlossenen Hochplateau fand sich ein Eingang. Das lang ersehnte Ziel der Expedition in Form der Vault. Wie die Barbaren es angekündigt hatten, führte eine schmale und ausgesetzte Treppe hinauf zum Eingang der uralten zwergischen Konstruktion. Eine Plattform war vor dem Eingangsportal auszumachen, obwohl diese natürlich viel kleiner war als jene des Außenpostens von Karak-Izor, wo Sie wenige Wochen zuvor mit dem Ballon halt gemacht hatten. Es hätte nun die Variante gegeben, abzusteigen in das Tal, und Gefahr zu laufen entdeckt zu werden, nur um dann wieder die exponierte Stiege hinauf zu gelangen. Dies hätte den Vorteil gehabt etwaige Gefangene Tileaner oder Barbaren befreien zu können, doch würde es auch alle Schatten und deren Schergen auf die, hoffentlich noch unentdeckte Truppe aufmerksam machen. Ein Gedanke, bei dem die Gefährten Vinos schauderten, und so wurde relativ schnell klar, dass die Kletterei weitergehen würde und die Annäherung von oben zur Vault hinab erfolgen müsste.

Die Gruppe nutzt das Seil der Barbaren

Durchgefroren und entkräftet kam der Trupp ohne größere Zwischenfälle auf einem Felsgrat über der Vault an. Gute fünfzig Schritt durften es sein, die man sich bis zum Vorplatz hin abseilen musste. Glücklicherweise hatten die männlichen Mitglieder der Alrasista als das Dorf noch bewohnt worden war, gerne einmal die streng nach Geschlecht aufgeteilten religiösen Zelebrationen der weiblichen Stammesmitglieder beäugt. Soweit man es den obszönen Gesten entnehmen konnte, waren die leicht bekleideten Frauen ein bevorzugtes Ziel von gierigen Blicken der triebgesteuerten Jünglinge. Ob in der Kälte der Himmelspfeiler dort mehr geschah, konnte aufgrund der Sprachbarriere nicht abschließend geklärt werden, jedoch war das dort fixierte und bockhart gefrorene Seil eine Hilfe, um sich auf einen kleine voyeuristisch genannten Vorsprung knapp über der Plattform abzuseilen. Dort konnte man immer wieder einzelne Personen und gar Grünhäute erkennen. Während Oberon seinem vorsichtigem Naturell entsprechend alle Optionen abzuwägen versuchte und noch mit Nessimon und den anderen debattierte, ließ der waghalsige Tileaner seine gewohnt halsbrecherische Unbekümmertheit spielen. Fast ein wenig zu schnell seilte er sich an dem Tau ab welches die ohnehin schon durch gefrorenen Finger noch mehr der Kälte aussetzte und so wäre er nach der Hälfte beinahe ins Rutschen geraten und in seinen sicheren Tod gestürzt hätt er nicht im letzten Moment mit seinen Fußspitzen Halt in der darunter liegenden Felswand gefunden. Schwitzend und doch durchgefroren kauerte sich Vino auf den Vorsprung, der etwas Deckung bot, und lugte auf die Plattform herab. Er konnte vier der kahl geschorenen Gestalten ausmachen, welche dort scheinbar als Wachen postiert waren. Vereinzelt traten jämmerliche Schergen hervor, sie wirkten gebrochen, unabhängig ob Ork oder Mensch, waren sie gezeichnet von Verstümmelungen und auch der Gang war der eines geschlagenen Hundes.

Doch es blieb nicht viel Zeit, um zu lamentieren über die grausamen Schicksale, welche Tileaner, Barbaren und sogar die Orks hier erlitten hatten. Fast mitleidig betrachtete Vino eine dreckige Grünhaut als ihm in der Ferne etwas ins Auge stach. Am Fuße der Treppe erspähte der Tileaner die berittene und gerüstete Gestalt, welche sein elfischer Kompagnon zuvor beschrieben hatte. In einem strammen Trab trieb der angsteinflößende Reiter sein nicht minder beeindruckendes Schlachtross den schmalen Aufgang empor.

Der Reiter hat das Dorf der Alrasista verlassen und nähert sich den Stufen im Tal zur Kammer an

In dem Intervall hatte der geübte Schütze die Möglichkeit eines gezielten Pfeils auf das Pferd, welches hoffentlich seinen Reiter abwerfen und in den Tode stürzen würde, überlegt. Doch bei diesen Windverhältnissen der Distanz wäre ein effektiver Treffer nur mit dem Segen Ranalds möglich. Bei einem Verfehlen würde er jedes Überraschungsmoment verderben und so verwarf er seinen Plan. Die Wehr des dunklen Streiters war erstaunlich filigran gearbeitet, und auch die Klinge wirkte in ihrer Machart elegant und schlank, ähnlich einer Flamberge, die aber etwas kleiner gehalten war. Die mangelnde Größe machte Sie aber nicht weniger bedrohlich. Auch war sie leicht nach hinten gebogen wie die Säbel der Piraten Sartosas.

Endlich kamen seine Kameraden über das Seil herab und nach einer kurzen Lagebesprechung tummelte sich die gesamte Mannschaft mit Vinos Seil die letzten zehn Schritt auf den Vorplatz hinab zu gelangen. Wenige Momente bevor der Reiter selbst den Vorplatz überblicken würde, schaffte es die Expedition, sich unbemerkt Zugang zu verschaffen zum Endziel der Reise. Endlich hatten sie die Vault erreicht, doch darin bot sich ein Bild des Grauens. Die unverkennbar ursprünglich zwergische Vorhalle war entweiht worden durch Käfige, in denen die Schatten, die dem Trupp im Nacken saßen, Sklaven hielten. Verstümmelte, aber auch noch etwas unversehrter wirkende Menschen und auch Orks harrten in Käfigen aus und blickten perplex in die ebenso verdatterten Gesichter der Neuankömmlinge. 

Orks in den Käfigen der Schatten

Noch skeptisch wegen dem Scharmützel am Bergrücken zögerte Vino die Verstümmelten freizulassen, doch es gelang ihm, ein tileanisches Duo zu befreien, bevor eine zischende Stimme die Halle durchdrang. Fordernd und doch melodisch hallten unverständliche Worte in einer sicherlich bösen Sprache durch die Gemäuer und ließen den Tileaner zusammenzucken. Aus der Dunkelheit ertönte eine sanftere Sprachmelodie als Antwort. Doch welche Worte es auch immer gewesen waren, sie durften den mächtigen Krieger erzürnt haben, denn sogleich stieg dieser vom Ross ab. Zog sein Schwert und bellte in seiner fremden Zunge stakkatoartige Befehle, die dennoch einem Takt folgten wie die Pauke eines Regimentstrommlers.

Der Skugga betritt die Höhle und zieht einen Säbel

Nun wurde die Situation dynamischer. Oberon hielt sich im Hintergrund und versuchte, die unzähligen Käfige in der Dunkelheit zu inspizieren und etwaige ungefährliche Gefangene zu befreien. Von außen eilten die vier kahlgeschorenen Sklaven hinein, um den abgestiegenen Reiter zu unterstützen, doch auch aus dem Inneren konnte man näherkommende Schritte vernehmen. Ein zögerlicher Kämpfer hätte vermutlich auf Verstärkung gewartet, doch der Anführer war unbeeindruckt vom Hinterhalt in die Mitte des Raumes getreten. Mit dem Zorn eines vertriebenen Volkes stellten sich Dagwin und Valkilma sogleich dem Schatten entgegen. Endlich konnten sie die bisher so ungreifbaren Schatten bekämpfen, und genau für das “Kempen” waren sie doch geboren.

Zwei Grünhäute betraten die kreisrunde Vorhalle und bevor Vino seinen barbarischen Kameraden zur Hilfe kommen konnte, traf ein Pfeil aus dem Dunkel die schwarze Rüstung die im fahlen Schein der Fackeln schimmerte. Unbeeindruckt brach der Getroffene den Pfeil ab und hieb mit dem Schwertarm nach Valkilma. Der Kampftanz der Alrasista schien zum ersten Mal unzureichend, denn beinahe aus dem Gleichgewicht gebracht, musste der Barbar zurückweichen. Er hatte einen Treffer einstecken müssen und wäre nicht Dagwin und in weiterer Folge Vino zur Hilfe gekommen, wäre es nicht bei einem einzelnen Schnitt geblieben. Der Mut der Verzweiflung trieb die Truppe an, doch es war klar, dass die Situation sich nicht zu Ihren Gunsten ändern würde. Corvo hatte sie gewarnt, dass die anderen Schatten immer die Wahrnehmungen ihrer Gefährten auch spüren konnten. Somit war klar, dass nur wenig Zeit verblieb bis das restliche Trio das Quartett komplettieren würde.

Der Schwerttanz der Barbaren hält die Feinde zurück und bringt Angreifern den Tod. 

Harrad hatte zwischenzeitlich in der Mitte ein paar der Sklaven erschlagen, für Vino blieb im Zwielicht der Eingangshalle unklar wie sich der Kampf entwickelte und auch musste er sich voll und ganz auf den mächtigen Schattenkrieger vor ihm konzentrieren, denn obwohl er von drei nicht ganz unerfahrenen Kämpfern attackiert wurde schien es so, als würde er langsam aber sicher die Oberhand gewinnen. Mühelos schwang er seine Klinge und parierte die Hiebe der Barbaren, selbst wenn einmal ein Treffer landete, so schien dies wenig Eindruck zu hinterlassen, sondern er wurde durch diesen Affront nur noch energischer in seinem Vorgehen. Grummelnd brüllte der Zwerg, ein Rätsel. Warum musste eigentlich jede von Wirrkopfs Vaults mit irgendwelchen kryptischen Wortspielen gelöst werden? Vino musste auf Reikspiel, das schon aus dem Zwergischen übersetzt war auf tileanisch querdenken.


Ich wohne in einem steinernen Haus, da liege ich verborgen und schlafe.

Doch trete ich hervor, ich eile, gefordert mit eiserner Waffe.


Ein Hieb entzweite die mit tiefer Stimme gebellten Worte Harads, die trotz des Umgebungslärmes gut verständlich waren. Sogar die Akustik der zwergischen Gewölbe war makellos. 


Erst bin ich unscheinbar schwach und klein,

ein Regentropfen prügelt auf mich ein,


Auch rüttelte Oberon an einer der Käfigtüren um weitere Menschen zu befreien, sein unüberhörbarer tileanischer Akzent erschwerte das Zuhören, doch er vermochte ein gutes halbes Dutzend Helfer zu akquirieren welche willkommene Unterstützung waren. Denn auch an den Pforten näherten sich orkische und menschliche Sklaven an.

mich kann schon dein Atem bezwingen,

doch mir wachsen im Siegen die Schwingen,


Aber in diesem Fall war die Lösung glasklar. Wie Eis, oder eine Schneeflocke. Der Schnee wohnt in steinernen Häusern, den Bergen und liegt und schläft, und er eilt in Form von Lawinen. Wieder einmal hatte Vino die Lösung gefunden, dachte er, als Valkilma einen zweiten Treffer vom schwarzen Krieger einstecken musste.


und wenn sich die mächtige Schwester zu mir gesellt,

erwachs ich zum furchtbarsten Herrscher der Welt.


Immer langsamer wurde der Schwerttanz seines barbarischen Mitstreiters, nicht weniger geschmeidig, doch behäbiger und damit vorhersehbar. Irgendetwas ging hier nicht mit rechten Dingen zu. Im Halbdunkel glitzerte die flüssigkeitsbenetzte Klinge des hinterlistigen Angreifers . Gift, schoss es Vino durch den Kopf. Solche ehrlosen Taktiken kannte man sonst nur von dreckigen Skaven oder Goblins, aber scheinbar war es mit der Ehre nicht weit her, wenn man die ausgemergelten Gesichter in den Käfigen betrachtete.

Nicht alle Gefangene können im Tumult befreit werden. Was wohl mit ihnen geschieht?

Mit apathischen Blicken verfolgten Sie das Geschehen, das sich inmitten der Käfige entfaltete wie ein Bühnenspiel der Commedia dell’arte, nur dass die Akte alle gleichzeitig aufgeführt wurden. Am weiter nach innen führenden Portal des Kreises stürmten beinahe ein Dutzend weitere aufgestachelte Angreifer herbei, welche vom Anführer herbeigerufen worden waren. Einige Tileaner, aber auch so mancher Sklave gingen verletzt zu Boden, manche hatten noch weniger Glück und Gliedmaßen wurden abgetrennt und ausblutende Leichen besudelten die altehrwürdigen Hallen noch mehr als ohnehin schon. Vino brüllte seinen ersten Lösungsansatz währenddessen gen Harad.

“Eis, ich meine Schneeflocken!” rief Vino Richtung Harad welcher an dem Mechanismus herumwerkte welcher Äonen unentdeckt überdauert hatte, doch für einen Ingenieur der Dawi war klar, dass hier noch etwas schlummerte dessen sich niemand bisher gewahr geworden war.

Oberon rief mit einem fragenden Unterton aus einer anderen Ecke des Raumes, mit Bogen und angesetzten Pfeil auf verschiedene Gegner feuernd einen anderen Vorschlag: “Erze, Kohle oder Eisen?”

Brummend schüttelte Harad den Kopf: “Bei Grungni, Das isch es nöd!"

Die runde Rätselplatte im Raum, nur eine kleine kleine Öffnung darin, noch unbehelligt von den Kämpfen

Der Schwertarm Vinos erzitterte, als er einen Hieb des schwarzen Kriegers parierte. Funken stoben hervor. Zornig riskierte er einen Blick Richtung Zwerg. Die Situation verschlechterte sich immer mehr, denn von außen näherten sich die nächsten Schergen. Doch plötzlich fiel es Vino wie Schuppen von den Augen.

“FUNKEN!”

,brüllte der Söldner in Bedrängnis es hinaus.Wenn er auf tileanisch darüber nachdachte ganz logisch: Ein Funke lebt in einem steinernen Haus, verborgen und doch kann jeder Feuerstein ihn hervorrufen, wenn man ihn nur fest genug aneinander schlägt. Er ist unscheinbar, schwach und klein, ein Regentropfen prügelt auf ihn ein. Er kann vom Atem bezwungen werden und…..

seine mäandernde Rekapitulation wurde jäh unterbrochen. Ein fast sanfter Schwertstreich, bezwang den schon schwer angeschlagenen Valkilma. Ein kurzer Moment, in denen den Kontrahenten gewahr wurde, was gerade geschehen war, als sich die Bauchhöhle des Barbaren eröffnete und glatte Wundränder einen Blick auf die Eingeweide freigaben. Eine Fontäne aus Blut spritzte hervor und der barbarische Kämpfer zog seine letzten Atemzüge. Er war seiner Bestimmung nachgekommen, dachte Vino und mit zornigen Augen ließ er wütend eine Abfolge an Attacken auf den Giftmörder einregnen. Ein kalter und doch etwas pikierter Blick ruhte auf Vino. Denn der besaß die Frechheit den ehrlosen Streiter mit einer Barrage aus Hieben einzudecken, Valkilma war ebenso nicht untätig und erbost über den Verlust seines Stammesgenossen und so mag es der Ermüdung geschuldet sein, dass der tileanische Jüngling dem weitaus größeren Gegenüber einen gewaltigen Stich durch die filigrane Rüstung in die Flanke versetzen konnte. Schockiert über diesen Frevel zischte die Gestalt etwas in einer fremden Sprache. Plötzlich schlug ein greller Lichtblitz irgendwo im Gemäuer der Vorhalle ein abgesprengtes Gemäuer rieselte lautstark gen Boden.

Der Kampf gegen den Schatten

Harrad hatte, unterstützt durch die Hinweise, das Rätsel des verrückten Zwerges Alaric Wirrkopf entschlüsseln können und den dahinter stehenden Mechanismus betätigt, indem er mit einem Feuerstein Funken in die dafür vorgesehene Mulde hinein schlug. Beinahe wären die Kämpfenden von den Beinen geholt worden, denn plötzlich begann die kreisrunde steinerne Bodenplatte sich als Ganzes zu drehen. Die Umgebung verschwamm zu einem vorbeiziehenden Hintergrund aus Käfigen, kämpfenden Kontrahenten und dem Dunkel der Vorhalle. Die Überraschung und die plötzliche Rotation nutzend, hatte Vino zu einem erneuten Hieb angesetzt und dieses Mal erzielte er einen Wirkungstreffer indem er sich beinahe auf die Knie sinken ließ als wäre er aus dem Gleichgewicht gebracht worden, ehe er unterhalb des Brustpanzers die Spitze des Schwertes nach oben stieß und die Waffe auch noch in der Wunde verdrehte. Erstaunt ob seiner eigenen Verwundbarkeit blickte der Schatten hinab und versuchte nach der Warre zu greifen. In der Dunkelheit schwarz erscheinendes Blut strömte  gleichförmig aus der Wunde und bildete eine Lache, in welche der Geschlagene vornüber hinein stürzte nachdem der Tileaner sein Kriegswerkzeug aus dem Körper wieder entrissen hatte.

Der Helm des Schatten, am Boden, wie sein Besitzer

Vino spuckte auf den Gefallenen und wandte sich zwei Grünhäuten zu, die aus dem außenliegenden Eingang herbeigeeilt waren. Dort erblickte er zum ersten Mal die Quelle des Lichtblitzes: Ein, wie Corvo es vorausgesagt hatte, weiterer Schatten war herbeigeeilt und versuchte, die Eindringlinge mit verdorbener Chaosmagie zu bezwingen. Langsam aber doch spürbar beschleunigte sich die Rotation der gewaltigen Steinscheibe und plötzlich öffnete sich mit einem Ächzen, ein zuvor verborgenes steinernes Tor. Die Verfolger waren durch die Rotation aufgehalten, doch auch erschwerte diese den darauf befindlichen Personen jegliche Fortbewegung. Hinter dem nun eröffneten Tor verbarg sich eine Art Boot, doch waren riesige Räder aus Metall darunter angebracht. Auch der Aufbau war aus zwergisch gearbeiteten Eisen und anderen Erzen gearbeitet und beinhaltete offenbar eine für Vino unerklärliche Maschinerie. Doch für Harad waren die Dinge klarer und er geriet in Ekstase wie er es nur angesichts beeindruckender Ingenieurskunst der Dawi tat. 

Alaric Wirrkopf "Chuggar", wiederbelebt durch den Funken

Freudig und doch bestimmt befahl er: “Göts i de Chuggar!”, so wohl die Bezeichnung dieses Gefährts. Die Gefährten mussten sich dies, unter der immer trostloseren Aussicht, kein zweites Mal sagen lassen und kletterten auf das Gefährt wie Ameisen die vor einem Regenguss auf einen Baum fliehen. Ein Blitz zerschellte am zwergischen Metall und Harad betrachtete nachdenklich einige Steuerhebel, ehe er das Gefährt in Betrieb nahm. Mit einem gewaltigen Schnauben stieß die Maschine eine Wolke aus Rauch und Dampf aus, so als würde sie protestieren über die unwirsche Behandlung durch die unerwarteten Passagiere nach Jahrhunderten der Ruhe. Doch die zwergische Handwerkskunst hatte die Zeiten überdauert und mit einem Rumpeln setzte sich der Chuggar samt Besatzung in Bewegung. Beinahe wäre der junge Tileaner hinaus geschleudert worden, wenn ihn nicht Nessimon noch am Arm gepackt hätte, und auch ein paar der befreiten Tileaner wurden noch hinauf gezogen auf das Fluchtfahrzeug. Holzsplitter sprühten durch den Raum als ein weiterer greller Lichtblitz des Schattenmagiers das Fluchtfahrzeug in die Beplankung traf. Unwissend, wo die Reise hingehen sollte, rollte der Chuggar stets beschleunidgend tiefer in den Berg hinein. Wer auch immer hinter ihnen zurückbleiben wollte, würde sich mit dem erzürnten Schatten und seinen Sklaven auseinandersetzen müssen, doch es schien nach einigen bangen Augenblicken so, als wäre die Expedition aus dem Gröbsten heraus. Es blieb nicht viel Zeit, um über Valkilma zu trauern, doch getreu dem Motto der Brouws war er wie ein wahrhafter Krieger gestorben. “Dör Han, se dör han”

Sie passierten, ohne anzuhalten, immer mehr der Käfige, welche gefüllt gewesen waren mit traurigen Kreaturen, doch die Maschinerie welche das Tor geöffnet und das Vehikel freigegeben hatte, hatte alle Käfige und deren Insassen zerquetscht oder ertränkt. Sollte es Überlebende gegeben haben, mussten sie wohl annehmen zu träumen, als die zwergische Maschine, angetrieben von Kohle schaufelnden Menschen, an Ihnen vorbei prustete und dabei noch verächtlich Dampf und schwarzen Rauch auspfiff.

Die ersten Abzweigungen hinab in die See der Echos. Ein Labyrinth.

Unklar wie viel Zeit vergangen war, doch langsam setzte die Erschöpfung der vergangenen Tage und Wochen ein, und die wohlige Wärme des Kohlefeuers im Bauch des Chuggars gepaart mit der allumfassenden Finsternis machten den Tileaner und seine Gefährten müde. Sie passierten die Überreste von Alimento, ein legendäres Dorf zwischen Campogrotto und Kreutzhafen, den Anfangs- bzw. Endpunkten des Fiume di Echi, den Fluss der Echos.

Ein kurzer Halt musste gemacht werden in einer Art ausgetrockneten unterirdischem Flussbett oder Kanal, denn das Brennmaterial ging aus. Der Großteil der Truppe suchte nach Holz oder Kohle, der Kapitän Harad verließ sein Schiff keinen Augenblick und Oberon und Vino, unfähig ein kleines Mäuerchen zu erklimmen suchten im Schlamm und Schlick nach Brennmaterial. Treibstoff konnten zwar nur die Gefährten finden, doch der Tileaner fand ein paar historische Rüstungsgegenstände und die Parier einer alten tileanischen Waffe.

Nach einer kurzen und sehr erschöpfenden Einheit bei welcher der Dampfkessel von Vino befeuert wurde schlief Elvino komplett am Ende seiner Kräfte ein. Ein kleines Wartungskämmerchen im Inneren des Bootes bot die nötige Sicherheit für einen unruhigen Schlaf. Träumend verarbeitete der Jüngling die grausamen Fetzen der Erinnerung, gemischt mit den Ängsten und Sorgen über all jene Dinge, die unklar geblieben waren.

Im Traum zog Berengar eine Spur im Tiefschnee, hob die Hand, sich verabschiedend ehe die Expedition mit dem Chuggar über eine riesige Schanze aus den Himmelspfeilern hinaus sprangen, so wie es angeblich Valkilma als Kind versucht hatte. Immer wieder erschienen ihm die leblosen und doch lebendigen Gesichter der Sklaven. Orks, Menschen, möglicherweise andere Rassen. Doch es war unklar, welches Bewusstsein dereinst in den Hüllen gelebt haben mochte, doch davon war nichts mehr übrig geblieben. Unruhig wälzte sich der Söldner hin und her, denn er vermochte nicht einmal im Schlaf die Blicke der Gefangenen abzuschütteln. Eine zischende Stimme befahl den Gefangenen etwas, dann plötzlich öffneten sie die Käfige und eilten zu Vino und seinen Gefährten. Er blickte an seine Seite: Oberon versuchte in seiner Muttersprache um Gnade zu bitten, doch es war zu spät. Ein greller Lichtblitz zerriss die Schwärze des Untergrunds.

Die letzten Passagen des Flusses der Echos

Durchgeschwitzt ob der Dampfmaschine und ob seiner Albträume schreckte Vino hoch. Sein Atem und Herzschlag gingen schnell, und er blickte sich verschlafen um. War das Tageslicht? Grummelnd brummte der Harad am Steuer etwas: Wir müssen in Kreutzhofen Proviant und vor allem Treibstoff aufnehmen und dann weiter in Richtung Altdorf. Erleichtert atmete der junge Tileaner durch und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Er war zurück im Imperium. Wohl war es noch zu früh, um es Heimat zu nennen, doch es war allemal besser als die Himmelspfeiler.

Er musste Nachricht nach Tilea senden und all jene warnen, die versuchten, über die unterirdische und nun ausgetrocknete Wasserstraße nach Norden in Sicherheit zu gelangen. Denn mit großer Wahrscheinlichkeit würden Sie dann in den Fängen der Schatten landen, doch hier im Imperium konnte ihm nichts mehr geschehen, oder.. ? Die weitere Heimreise verlief so unspektakulär wie man es für eine Reise mit einem steinalten zwergischen Amphibienfahrzeug erwarten konnte, obwohl Harad darauf bedacht war nur für Treibstoff in den größeren Städte und Dörfern Halt zu machen wenn es sein musste. Zumindest konnte man sich, zurück in der Zivilisation, mit neuem Proviant und sauberer Kleidung eindecken und sich auch die eine oder andere kleine Annehmlichkeit gönnen.

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